1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zerbst
  6. >
  7. Siro-Gründer: „Ich wurde erpresst“

Zerbster vor GerichtSiro-Gründer: „Ich wurde erpresst“

Das Zerbster Unternehmen Siro bekam Fördermittel in Millionenhöhe. Doch die Vorraussetzungen waren falsch, so die Staatsanwaltschaft.

Von Franziska Ellrich 09.12.2016, 00:01

Zerbst l Im Alter von 57 Jahren hat ein Leipziger das Unternehmen Siro Blechbearbeitung und Lackierung in Zerbst gegründet. Heute – fast 20 Jahre später – sitzt der ehemalige Geschäftsführer auf der Anklagebank im Landgericht Halle. Er soll Fördergelder in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro kassiert haben – ohne die Voraussetzung dafür zu erfüllen. Denn das Geld sollte eigentlich kleinen und mittleren Unternehmen bei Investitionen helfen.

Für die Staatsanwaltschaft kann die Siro so klein nicht gewesen sein – da seit 2001 die Zerbster Werkzeugmaschinenfabrik (Wema) an dem Unternehmen beteiligt war und als 100 prozentige Tochter der Emag-Gruppe längst keine kleine Firma mehr ist. Ferner wird dem Siro-Gründer vorgeworfen, Steuern in Höhe von 280 000 Euro hinterzogen zu haben: Indem der Angeklagte Gewinne aus dem Betrieb privat kassiert oder private Ausgaben mit dem Betriebsvermögen gezahlt habe, heißt es in der Anklage. Der Unternehmer bestreitet die Vorwürfe.

Am Mittwoch sitzt ihm einer der heutigen Geschäftsführer seines Unternehmens im Zeugenstand gegenüber. Siro heißt jetzt Blechverarbeitung und Montage Zerbst (Z-Blech). Bis vor kurzem gehörte der Zeuge zeitgleich zur Wema-Geschäftsführung. Genau diese enge Verbandelung zwischen Wema und Siro scheint die Staatsanwaltschaft in punkto Fördermittel zu bemängeln.

Die Siro hat von Beginn an eigene Produktionsanlagen auf dem Gelände der Wema betrieben. Und die Emag-Gruppe war immer größter Auftraggeber. Rückblick: Alles beginnt ganz klein. Nicht mal zehn Mitarbeiter erledigen die ersten Siro-Aufträge. Energie-Container für die Wema sollen es sein. Dann kommen größere Aufträge in Sachen Blechbearbeitung. Es gibt einen Gesellschaftervertrag mit der Wema. Die Mitarbeiterzahl steigt auf mehr als 150 an. Laien auf dem Gebiet werden intensiv ausgebildet. Der Geschäftsführer will in neue Maschinen investieren. Und beantragt dafür zwischen 2004 und 2007 Investitionszulagen. Die millionenschweren Fördermittel werden ausgezahlt.

Aus Platzgründen stehen die großen Produktionsanlagen allerdings in den Hallen der Wema. Der Angeklagte sei jedoch täglich vor Ort gewesen. „Er hat sich als Herr dieser Maschinen verstanden“, erklärt der heutige Geschäftsführer. Die Miete für die Nutzung der Halle sei verrechnet worden. Der Richter will am Mittwoch von dem Zeugen wissen: Wurde die Siro an die kurze Leine genommen? Denn bestimmte Beschlüsse konnten nur einstimmig gefasst werden, heißt es im Gesellschaftervertrag. Dem Zeugen zufolge sei das nichts besonderes: „Jeder Gesellschafter will Einfluss haben.“

2008 dann der Schock: Durchsuchungen bei der Wema und der Siro. Alle Unterlagen zur Siro werden sichergestellt. Anonyme Anzeigen sollen Auslöser dafür gewesen sein. Zwei Jahre später muss der damalige Siro-Gründer gehen. Mit einer verhältnismäßig geringen Abfindung. Deswegen will der Angeklagte am Mittwoch von dem Zeugen wissen: „Ich frage mich bis heute, warum ich so abgespeist wurde?“ Mehr als zehn Millionen Euro sei allein zu diesem Zeitpunkt der Wert der Maschinen gewesen. „Der Vertrag ist bitter“, lautet die Antwort des heutigen Geschäftsführers. Aber er habe nicht darüber entschieden. Der Angeklagte meldet sich an diesem Prozesstag noch ein letztes Mal zu Wort: „Ich wurde erpresst.“

Vor dem Landgericht geht es wiederholt darum, warum in den letzten Jahren vor dem Ausscheiden des Gründers das Unternehmen Siro angeblich keine Gewinne mehr erzielt habe? „Hat man die Siro ausbluten lassen“, will der Richter wissen. Der Z-Blech-Chef verneint und führt das Sponsoring für den Zerbster Kegelverein an. Jährlich sollen mehr als 100 000 Euro an den Verein gegangen sein. „Für die Größe der Firma war das einfach unverhältnismäßig.“ Wird der Siro-Gründer verurteilt, droht ihm laut Gerichtssprecher eine Gesamtfreitheitsstrafe bis zu 15 Jahren. Am 21. Dezember wird am Landgericht Halle weiterverhandelt.