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Isaiahs Traum Australien schickt Aborigine Isaiah zum ESC

Als Nicht-Europäer haben die Australier beim ESC ohnehin eine Sonderrolle. Dieses Mal schicken sie einen Aborigine an den Start. Und wenn es so weitergeht mit den Platzierungen, könnte Isaiah sogar gewinnen.

Von Christoph Sator, dpa 08.05.2017, 12:22

Sydney (dpa) - Isaiah Firebrace trägt keine Frauenkleider, zieht sich keine schrecklichen Latex-Masken übers Gesicht und hat auch keinen tanzenden Gorilla dabei.

Und trotzdem ist der 17-Jährige einer der ungewöhnlichsten Kandidaten, die es beim Eurovision Song Contest (ESC) je gab. Denn mit Europa hat der junge Mann eigentlich überhaupt nichts zu tun.

Isaiah, wie er sich inzwischen nur noch nennt, ist in Moama aufgewachsen, einer 5500-Seelen-Gemeinde im Süden von Australien, auf der anderen Seite der Erdkugel, 15 000 Kilometer weit weg. Er kommt aus einer Familie von Aborigines, den australischen Ureinwohnern. Seine Leute, die Yorta Yorta, behaupten stolz, dort schon seit 40 000 Jahren zu Hause sein. In Europa war er noch nie.

Dass Isaiah überhaupt dabei sein darf, liegt an der besonderen Verbindung, die Australien zum ESC hat. Für Down Under ist die alljährliche Show Kult. Seit 1974 wird der Wettbewerb dort im Fernsehen übertragen - auch wenn sich der ESC wegen der Zeitverschiebung nicht zur Samstagabendparty eignet, sondern eher zum Frühstück am Sonntag mit Freunden.

Auf Einladung der Europäischen Rundfunkunion ist Australien seit 2015 sogar mit eigenen Teilnehmern dabei. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Platz fünf und Platz zwei. Im vergangenen Jahr konnte sich Dami Im mit "Sound of Silence" sogar lange Zeit Hoffnungen auf den Gesamtsieg machen. Und wenn das mit den Platzierungen so weitergeht, müsste Isaiah eigentlich gewinnen.

Der Song, mit dem Isaiah in den Wettbewerb geht, wurde wieder vom gleichen Autoren-Duo geschrieben, David Musucemi und Anthony Egizii: die Ballade "Don't Come Easy". Die Botschaft dahinter: Man sollte für seine Träume kämpfen, auch wenn das nicht immer einfach ist. Hat man in 60 Jahren Schlagerwettbewerbs noch nie von einem Aborigine, aber sonst doch schon mal gehört.

Aber Isaiah gibt sich überzeugt, dass das gilt. Mit seinem Ehrgeiz hat es der Surf-Boy mit den braunen Locken zuhause immerhin schon zum Gewinner der Casting-Show "The X Factor" gebracht - voriges Jahr im November, an seinem 17. Geburtstag. Der Erfolg gelang allerdings erst im zweiten Versuch: Beim ersten Vorsingen im Jahr zuvor flog er raus, weil er vor Aufregung den Text vergessen hatte.

Heute kann er mit Lampenfieber angeblich besser umgehen. Dass beim ESC vermutlich wieder mehr als 200 Millionen Leute vor dem Fernseher sitzen werden, mache ihm nicht viel aus. "Ich liebe diese Energie, die man von einer so großen Menschenmenge bekommt", behauptet Isaiah. Und verspricht dazu: "Ich werde Australien stolz machen."

Zuhause wird die ganze Familie zuschauen. Zehn Geschwister hat er noch. Mit drei fing er an zu singen, der Vater brachte ihm Gitarre bei, seither geht er in Casting-Shows. Von dem Geld, das er bislang verdiente, ging das meiste an die Familie. Vor einer Weile gestand er: "Manchmal fühle ich mich ein wenig unter Druck, weil ich bei uns der einzige mit einem festen Einkommen bin."

Aber auch die anderen Leute in Moama drücken ihm die Daumen. In der Saftbar "Tarts Juice Bar" haben sie sogar einen Smoothie nach ihm benannt: "Isaiah's Dream" ("Isaiahs Traum").

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