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Staub und Blei Bela B und seine Ode an den Spaghettiwestern

Bela B hat mit den Ärzten Musikgeschichte geschrieben, steht aber auch gerne ohne Farin Urlaub auf der Bühne. Jetzt hat er ein neues Album - und das ist gar nicht so monothematisch, wie es auf den ersten Ton klingt.

Von Britta Schultejans, dpa 23.02.2017, 05:00

Berlin (dpa) - Der einsame Rächer auf seinem Pferd reitet durch die Prärie, kaut Kautabak, guckt grimmig, schießt, reitet weiter.

In den 1960er und 70er Jahren schrieb der Spaghetti-Western Filmgeschichte - und diesem sehr speziellen Genre widmet sich nun jemand, der deutsche Musikgeschichte geschrieben hat: Bela B, der Graf.

Der Drummer der inzwischen schon fast legendären Punkband Die Ärzte legt mit "bastard" ein neues Album vor - und es hat sich nahezu monothematisch dem vor allem von Sergio Leone geprägten Italo-Western verschrieben, einem Genre, das der Horror- und Vampir-Film-Fan Bela besonders liebt. Die Filme "bestechen durch billige Produktionen, floskelige Dialoge, massives Bleipusten-Geballer und zahlreiche Beerdigungen", wirbt die Plattenfirma. "Ein Schuss. Ein Held. Ein Album."

"Ich liebe Western-Filme und da eher den Spaghetti-Western. Der kann mich mehr überraschen in seiner ganzen Amoralität, in der sich die Figuren bewegen, und dem Schmutz, den man sieht und spürt", sagt Bela B im Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Die starken Frauen, die selber in dieser harten Welt existieren können, weil sie selbst zur Skrupellosigkeit fähig sind - all das fasziniert mich."

Es ist die vierte Platte, die Bela B, der mit bürgerlichem Namen Dirk Felsenheimer heißt, ohne seinen Ärzte-Kompagnon Farin Urlaub auf den Markt bringt (die "beste Band der Welt" hat derzeit eine kreative Pause eingelegt) nach "Bingo", "Code B" und "Bye" - alles mit B.

Fast alle der elf neuen Lieder, die Titel tragen wie "Der Dreck vom Indian Creek" oder "Missgeschick und Blei", sind dem Trash-Genre Spaghettiwestern gewidmet, sie waren ursprünglich als eine Art Hörbuch geplant, und genau so klingt es auch.

Dabei hat Bela sich vor allem von dem Film "Sartana - Noch warm und schon Sand drauf" inspirieren lassen. Der absurde Titel ist Programm, Texte und Musik, die an Ennio Morricones Filmmusiken erinnern, wohl eher Geschmacksache und mit einem sehr eigenen Humor versehen. "Zwischen Ennio Morricone und Calexico küsst das Banjo den China-Gong, während der lonesome Cowboy mit Mundharmonika in den Sonnenuntergang reitet", fasst die Plattenfirma den eigenwilligen Stil des Albums zusammen. "Als Debüt-Album würde so ein Album wahrscheinlich nicht funktionieren, klar", sagt der Sänger selbst.

In "Ode an das Bahnhofskino" verewigt Bela B seine Liebe zum B-Movie, die er schon in seinen Vampir-Liedern aus der frühen Ärzte-Phase zum Ausdruck brachte.

Erklärter Höhepunkt der Platte ist mit "Zuhaus" ein höchst politischer Song über Vertreibung, Flucht und Angst. Ein Appell für Menschlichkeit in diesen hasserfüllten Zeiten, der zwar nicht an den legendären "Schrei nach Liebe" heranreicht, mit denen Die Ärzte Anfang der 1990er Jahre gegen den wachsenden Fremdenhass im Land ansangen. Vor zwei Jahren brachte ein Fan-Aufruf das Lied nochmal in die Charts. An die Wirkkraft dieses "Schreis" kommt "Zuhaus" zwar nicht heran. Es ist ungleich leiser, aber nicht weniger wichtig.

"Viele Leute haben uns aufgefordert, dieses Stück zu veröffentlichen, weil es gar nicht genug musikalischen Beistand und musikalische Mutmachung geben kann in Zeiten wie diesen", sagt Bela B. "Wenn eine Rockband so etwas laut spielt, dann ist sie hoffentlich lauter als die Schreihälse in Dresden."

Website Bela B