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Zum Heulen schön Längst erste Folk-Liga: Will Stratton

Fast verliert man den Überblick bei all den bärtigen Gitarrenmännern auf dem Indiefolk-Trip. Will Stratton lohnt aber definitiv das genaue Zuhören. Zumal er immer besser wird.

Von Werner Herpell, dpa 29.05.2017, 08:10

Berlin (dpa) - Für viele Singer-Songwriter ist der Vergleich mit den jung gestorbenen Folk-Barden Nick Drake und Elliott Smith Segen und Fluch, Anerkennung und Bürde zugleich. Will Stratton muss indes nicht befürchten, unter der Last der letztlich unerreichbaren Vorbilder zusammenzubrechen.

Auf seinem sechsten Album "Rosewood Almanac" (Bella Union/Pias/Rough Trade) stellt der US-Amerikaner seine Haupteinflüsse mit so viel Selbstbewusstsein zur Schau, dass es die reine Freude ist. Lieder wie "Thick Skin" oder "Vanishing Class" sind mit ihren fragilen Arrangements aus gezupfter Akustikgitarre, Piano und kammermusikalischen Streichern sehr nah dran am 1974 mit nur 26 Jahren gestorbenen Briten Drake - ohne dass hier von Abkupfern die Rede sein könnte. Ähnliches gilt für die an Smiths Schwermut orientierten Lieder "I See You" und "This Is What We Do".

Mit den zum Heulen schönen Dankbarkeits-Hymnen "Manzanita" und "Whatever's Divine" hat Stratton diesmal zudem zwei echte Popsongs im Angebot, auf die selbst ein Paul Simon, Sufjan Stevens, Josh Rouse oder Ron Sexsmith stolz sein könnten. Von Album zu Album hat dieser tolle Songwriter seit 2007 seine zeitlose Kompositionskunst immer weiter verfeinert. Und auch als Sänger ist der sanfte Mann aus Yolo County/Kalifornien längst in der ersten Folk-Liga angelangt.

Dass derart melancholische Songs oft aus Leid, Zweifel und Trauer geboren werden, ist eine Binsenweisheit - bei Will Stratton trifft sie aber wohl zu. Vor fünf Jahren erkrankte der heute 30-Jährige an Krebs, überstand diese schwere Zeit jedoch und ist nun wieder gesund. Seitdem klingen seine Lieder noch bezwingender und tiefgründiger als zuvor - und zugleich bei aller Nachdenklichkeit wie befreit.

Nach dem ebenfalls schon herausragenden "Gray Lodge Wisdom" (2014) hat Stratton nun mit "Rosewood Almanac" das bislang beste Album seiner Karriere veröffentlicht. Jetzt wird es Zeit, dass ihm mehr Menschen zuhören. Es lohnt sich.

Website Will Stratton

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