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Singer-Songwriter Passenger: Straßen-Poesie mit Weitblick

Seinen Welthit Let Her Go schrieb Passenger in wenigen Minuten in einer Bar. Für das neue Album hat er sich mehr Zeit genommen. Das Ergebnis: ein vollerer Klang, ein weiterer Blick. Seine Wurzeln aber will er nicht aufgeben.

Von Theresa Münch, dpa 26.09.2016, 13:36

Berlin (dpa) - Im Sommer hat er es wieder getan. In einem Park in New York, im Regen in Bern, unter grünem Blätterdach im Englischen Garten in München. Mike Rosenberg zieht es immer noch auf die kleine Bühne, in die Fußgängerzone. Ein Mann und seine Gitarre.

Dabei ist der 32-jährige Singer-Songwriter längst ein international erfolgreicher Musiker. Doch erst jetzt, mit seinem achten Album, ist Passenger richtig zufrieden. Ich habe ehrlich zum ersten Mal das Gefühl, sagt er, dass ich mit einer neuen Platte vor die Leute treten kann, ohne zu meinen, mich entschuldigen zu müssen.

Dabei unterscheidet sich Young as the Morning, Old as the Sea beim ersten Reinhören gar nicht so sehr von den Vorgängern. Die Texte sind poetisch, meist melancholisch. Die Melodien plätschern und schwingen drumherum fast leicht und positiv. Die Stimme mal heiser, immer mit aufrichtigem Gefühl. Passengers leise Musik passt nicht ins Raster der Chartstürmer. Er verzichtet auf digitale Spezialeffekte, hängt seinem Album zu sechs Songs dafür akustische Versionen an.

Musikalisch schaltet die neue Platte noch einmal einen Gang hoch. Sie klingt voller, kraftvoller, vollständiger als die zuvor. Es gibt auffällige Gitarrenriffs. Rosenberg holte Musiker dazu, mit denen er auf Festivals zusammenspielte. Man hört, dass sie sich Zeit nahmen, bis sich alle in den Melodien richtig zuhause fühlten.

Wenn man sich wegtragen lässt von Passengers Musik, landet man bei den raumgreifenden neuseeländischen Landschaften, von denen er sich inspirieren ließ. Und im weiten, kargen Island, wo Videos und Fotos entstanden. In seinen Texten zeigt er neuen Weitblick, entführt in finnische Wälder, an norwegische Seen, in schottische Highlands und den russischen Winter. Ich will frei sein wie der Wind, der mich umweht. Klar wie die Luft, die ich atme. Jung wie der Morgen und alt wie die See, singt er frei übersetzt.

Das Video zu Somebody's Love drehten sie auf einem isländischen See. Es ist kalt. Rosenberg rudert und singt. Sein Holzboot fängt Feuer. Aber ohne Feuer ist kein Licht. Ohne Licht wirst du nie sehen - die Farben in der Welt und all die Liebe in mir, singt er. Und meint später: Falls ihr euch fragt: Wir haben das Boot wirklich angezündet - und es war furchteinflößend.

Der notorische Bart- und Hemdträger erzählt persönliche Geschichten über Beziehungen und das Vergehen der Zeit. Wir dachten, wir würden ewig leben, heißt es in When We Were Young. Und dann: Die Jahre verschwinden schneller als sie kommen. Auch Rosenberg hat schon die ersten grauen Haare.

Dabei ist sein großer Durchbruch noch gar nicht lange her: 2012 mit Let Her Go - jenem traurigen Liebes-Aus-Lied, das heute Millionen wörtlich mitsingen. In 20 Ländern Nummer eins. Auf YouTube mehr als eine Milliarde Mal geklickt. Der Startpunkt einer Passenger-Euphorie, die mit Songs wie Holes und Scare Away The Dark weiterging, immer irgendwo zwischen tragisch und ausgelassen.

Ganz so eingängige Melodien mit Mitsing-Potenzial finden sich auf dem neuen Album eher nicht. Es ist eher eines zum Augen schließen und gut zuhören, doch nicht minder mitreißend. Die Welttournee ist längst angekündigt: Erst Europa, in Großbritannien sind viele Konzerte schon ausverkauft, dann Asien, Australien, Neuseeland, USA und Kanada. Dazwischen lässt er sich immer einige Tage Zeit. Für die kleine Bühne, den Park, für Texte über Liebe, Leben und die Zeit, für den kleinen bärtigen Mann und seine Gitarre.

Tourdaten: Berlin (4.10.), Köln (29.10.), Frankfurt/Main (30.10.), Hamburg (1.11.) und München (3.11.)

Website Passenger

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