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Umfrage: Mehrheit der Bundesbürger für Sterbehilfe

16.01.2014, 18:27
Mehr als zwei Drittel der Menschen in Deutschland befürworten Sterbehilfe.  Foto: Jens Kalaene / Archiv
Mehr als zwei Drittel der Menschen in Deutschland befürworten Sterbehilfe. Foto: Jens Kalaene / Archiv dpa-Zentralbild

Hamburg - Mehr als zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind nach einer aktuellen Umfrage für Sterbehilfe.

Bei einer schweren Erkrankung möchten 70 Prozent der Befragten die Möglichkeit haben, etwa auf ärztliche Hilfe bei der Selbsttötung zurückzugreifen, wie die Krankenkasse DAK-Gesundheit in Hamburg mitteilte. 22 Prozent der Befragten lehnen dies für sich ab. Ostdeutsche (82 Prozent) wünschen sich häufiger die Möglichkeit der Sterbehilfe als Westdeutsche (67). Die Kasse hat die repräsentative Forsa-Studie mit 1005 Befragten in Auftrag gegeben.

In Deutschland wird schon lange über eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe debattiert. Über ein Verbot gewerbsmäßiger Sterbehilfe wird der Bundestag voraussichtlich ohne Fraktionszwang entscheiden. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat sich bereits für eine Bestrafung jeglicher geschäftsmäßiger Hilfe zur Selbsttötung ausgesprochen.

Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber möchte "aktiver Sterbehilfe einen Riegel vorschieben". Dem Nachrichtenportal "Spiegel Online" sagte Tauber: "Der Spruch "Mein Tod gehört mir" mag zunächst plausibel klingen. Wie will man aber eine Grenze ziehen, damit der Tod nicht plötzlich in den Händen von Angehörigen, Ärzten oder Krankenkassen liegt?" Stattdessen solle man viel stärker über Alternativen wie Palliativmedizin oder die Hospizbewegung sprechen.

In der Umfrage wurde nach aktiver Sterbehilfe gefragt. Damit ist der Definition nach die Tötung auf Verlangen gemeint, also etwa die Verabreichung eines tödlichen Medikaments. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten, Beihilfe zum Suizid dagegen nicht. Wer einem Todkranken beispielsweise Gift nur besorgt, macht sich also nicht strafbar. Verboten ist jedoch die Mitwirkung eines Arztes bei der Selbsttötung eines Patienten. Innerhalb der EU ist Sterbehilfe in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg erlaubt.

Dass der Bundestag - wie geplant - das Thema gesetzlich neu regelt, stößt nach den Ergebnissen der Umfrage auf breite Zustimmung. 79 Prozent der Befragten finden es gut, wenn sich der Bundestag mit dem Thema Sterbehilfe beschäftigt. Vor allem die 14- bis 29-Jährigen (86 Prozent) unterstützen den Plan.

"Die Ergebnisse zeigen, dass die Politik ein Thema diskutiert, das die Menschen sehr bewegt", erklärte DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher. "Es wird aber auch deutlich, dass es noch weiteren Aufklärungsbedarf gibt." Denn laut Umfrage fühlt sich die Mehrheit der Befragten "weniger gut" (41 Prozent) oder "überhaupt nicht gut" (16 Prozent) über die derzeit geltenden Regelungen bei der Sterbehilfe informiert. "Sehr gut" im Bilde sehen sich nur acht Prozent, 35 Prozent "gut".

Ein Viertel der Befragten (26 Prozent) nutzt die bereits bestehende gesetzliche Regelung der Patientenverfügung. Darin geht es um den Willen des Patienten, ob und wie Ärzte bei schweren Krankheiten lebenserhaltende Maßnahmen einsetzen. Weitere 48 Prozent der Befragten planen, eine Patientenverfügung zu verfassen. 23 Prozent wollen keine.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, erklärte am Donnerstag: "Offensichtlich kennen die meisten Menschen in Deutschland den Unterschied nicht zwischen den erlaubten und verbotenen Formen der Sterbehilfe." Damit komme der geplanten Debatte über ein strafrechtliches Verbot der organisierten Sterbehilfe eine herausragende Bedeutung zu. "Denn beim angestrebten Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe soll der Suizid nicht grundsätzlich kriminalisiert werden", sagte Brysch. "Vielmehr geht es darum, den Tod aus den Gelben Seiten zu verhindern."

Brysch betonte, das Strafrecht werde dem ethischen Thema nicht gerecht: "Gesundheits- und Sozialrecht sind gefordert. Denn es geht die Angst vor Alter und schwerer Krankheit um. Synonym dafür ist Pflege." Im Vergleich zum "Notstand des Pflegealltags" erscheine "selbst der Suizid vielen als das kleinere Übel". Die Politik müsse eine Pflegereform beschließen, die den Namen verdiene, forderte Brysch. "Nur die Aussicht aufs Altern mit Lebensqualität sowie ein würdevolles Sterben am Ende werden die Umfrageergebnisse drehen."