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Gabriels Ökostromreform nimmt Konturen an

12.02.2014, 08:01

Berlin - Die umstrittene Ökostromreform von Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) nimmt konkretere Züge an. In einem Entwurf für ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurden geplante Einschnitte, etwa bei Solaranlagen, teilweise verschärft und Fördersätze präzisiert.

Zudem sollen die Rabatte für Bahnen und Verkehrsbetriebe bei der Ökostrom-Umlage neu geregelt werden. Beim Stromnetzausbau sollen in die bisherigen Planungen noch mögliche Veränderungen durch eine Drosselung des Windkraftausbaus einfließen. Bei der EEG-Reform soll vor allem das Ausbauziel für neue See-Windparks reduziert werden.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur nach einem Spitzentreffen im Kanzleramt: "Die Beteiligten stehen für den Erfolg der Energiewende, dazu gehört auch der Ausbau der Stromnetze." Unter seiner Leitung berieten Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), Bayerns Energieministerin Ilse Aigner (CSU) und Thüringens Staatskanzleichef Jürgen Gnauck (CDU) mit den Netzbetreibern 50Hertz und Amprion.

Dabei ging es um eine 450 Kilometer lange Trasse zwischen Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) und Meitingen (Bayern), die Kohle- und Windstrom in den Süden bringen soll. In Bayern, wo Mitte März Kommunalwahlen stattfinden, gibt es dagegen massiven Protest. Die Netzbetreiber haben vorerst mehrere Bürgerdialoge über mögliche Trassenverläufe auf Eis gelegt. Das gilt auch für das mit 800 Kilometern längste Projekt, den "SuedLink von Schleswig-Holstein nach Bayern und Baden-Württemberg. Womöglich könnten sich die Planungen wegen der Neuberechnungen monatelang verzögern - denn frühestens im Sommer dürfte die Öko-Reform stehen.

Wie aus dem EEG-Entwurf hervorgeht, sollen künftig auch kleinere Bahnbetriebe ab einem Stromverbrauch von drei statt bisher zehn Gigawattstunden in den Genuss von Nachlässen kommen, um von der EU-Kommission monierte Wettbewerbsverzerrungen zu mindern.

Damit diese Ausweitung nicht die Strompreise der anderen Verbraucher zusätzlich belastet, sollen die Bahnunternehmen für 15 Prozent des verbrauchten Stroms die volle Ökostrom-Umlage von 6,24 Cent je Kilowattstunde zahlen, für den restlichen Strom 0,05 Cent. Allerdings betonte Gabriels Sprecher: "Es handelt sich offenbar um ein Arbeitspapier, das noch nicht von der Hausleitung freigegeben wurde."

Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner, protestierte. Er verlangte eine vollständige Entlastung des Verkehrsträgers Schiene von dieser Umlage.

Die EU-Kommission fordert eine Reduzierung der Rabatte für die deutsche Industrie bei der Ökostrom-Förderung. 2014 steigen die Begünstigungen nach neuen Schätzungen auf das Rekordniveau von 5,1 Milliarden Euro. "Wenn wir es schaffen, eine Milliarde da rauszukriegen, dann wären wir schon außerordentlich gut", hatte Gabriel am Dienstagabend bei einem Branchentreffen in Berlin betont.

Der Vizefraktionschef der Grünen, Oliver Krischer, warf Gabriel vor, ohne Not etwa den Ausbau von Windenergie an Land auszubremsen: "Das Absurde ist, dass durch die Vorschläge zur Reform des EEG von Schwarz-Rot der Strompreis keinesfalls sinken wird", sagte Krischer.

Gabriel trifft am Montag in Berlin EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. In dem Entwurf für die EEG-Reform, die zum 1. August in Kraft treten soll, verteidigt die Bundesregierung erneut die Rabatte und warnt bei einem Wegfall davor, dass deutsche Betriebe dann Fabriken ins Ausland verlagern könnten. Konzerne könnten auch in Länder ausweichen, die weniger ehrgeizige Klimaschutzziele hätten. "Dies würde zu einer Erhöhung des globalen Ausstoßes von Treibhausgasen führen", schreiben Gabriels Beamte.

Mit Blick auf die im Kanzleramt thematisierte Ost-Süd-Trasse sagte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU), für diese Trasse durch Ostthüringen sehe sie derzeit keine zwingenden Argumente. "Wir haben unser Soll erfüllt", sagte sie mit Blick auf die "Thüringer Strombrücke", die derzeit durch den Thüringer Wald Richtung Bayern gebaut wird. Der Freistaat sei deshalb "im Moment nicht zu Kompromissen bereit". Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte einen Planungsstopp gefordert, um später in einem Gesamtpaket zu entscheiden.

"Wir wollten die Energiewende, wir stehen zur Energiewende, es wird auch kein Zurück zur Kernenergie geben", sagte in München. Es sei aber zugleich "völlig natürlich", dass es dabei auch Diskussionen gebe. 2013 hatten Bundestag und Bundesrat im Bundesbedarfsplangesetz 36 vordringliche Stromnetzprojekte beschlossen, auch mit Stimmen der CSU.