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Streit um Rente: Mogelpackung oder generationengerecht?

03.04.2014, 05:56
Andrea Nahles über das Rentenpaket: «Es ist nicht geschenkt, es ist verdient.» Foto: Bernd von Jutrczenka
Andrea Nahles über das Rentenpaket: «Es ist nicht geschenkt, es ist verdient.» Foto: Bernd von Jutrczenka dpa

Berlin - Am schwarz-roten Rentenpaket scheiden sich weiter die Geister. Während Union und SPD die milliardenschweren Verbesserungen für langjährig Versicherte, ältere Mütter und Erwerbsgeminderte als Beitrag zu mehr Gerechtigkeit loben, widersprechen Linke und Grüne dieser Sichtweise heftig.

Das wurde bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) im Bundestag deutlich. Das Rentenpaket soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden und zum 1. Juli in Kraft treten.

Nahles verteidigte das Paket gegen alle Kritik: "Es ist nicht geschenkt, es ist verdient." Mit den Verbesserungen erkenne die Regierung "die Lebensleistung von Menschen in unserem Land an", etwa mit der neuen Mütterrente. Zur Rente mit 63 sagte die Ministerin: "Wer 45 Jahre gearbeitet hat, hat 45 Jahre lang Beiträge bezahlt - und damit seine Pflicht im Generationenvertrag erfüllt." Nahles bekräftigte, angesichts des Fachkräftemangels habe sie "keinerlei Interesse" an einer Frühverrentungswelle durch die Rente ab 63.

Linke und Grüne forderten, die Leistungsverbesserungen aus Steuermitteln zu finanzieren und nicht aus Beiträgen. Die Linksfraktion findet es zwar gut, dass "endlich mal wieder über bessere Rentenleistungen" diskutiert werde. Es handele sich aber nur um einen "Tropfen auf den heißen Stein" und bei der Rente ab 63 um eine "Mogelpackung", sagte der Rentenexperte der Linksfraktion, Matthias Birkwald. "Manches wird besser, aber nichts wird gut."

Jedes Kind müsse dem Staat gleich viel wert sein, forderte Birkwald: "Wir wollen für jedes Kind rund 86 Euro auf dem Rentenkonto von Müttern oder Vätern haben." Das ist der Betrag, den jüngere Mütter im Westen künftig bekommen.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Regierung vor: "Ihr Paket ist nicht gerecht - und es ist zukunftsvergessen." Vergessen würden jene, "die wirklich Unterstützung brauchen", sagte sie mit Blick auf die Pläne zur Reform der Erwerbsminderungsrente. Diese liege auch danach noch unter dem Existenzminimum. "Das hat mit Gerechtigkeit, so wie wir sie verstehen, nichts zu tun."

Der sozialpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), wies die Vorwürfe zurück, das Rentenpaket sei falsch finanziert. Zu den Reserven der Rentenkasse, aus der das Rentenpaket bezahlt werden soll, derzeit 32 Milliarden Euro, hätten Beschäftigte, Arbeitgeber und Steuerzahler zu jeweils einem Drittel beigetragen.

Aus den Verbänden kam Lob und Tadel. Für Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer ist das Rentenpaket "ein schlimmer Rückfall": "Die meisten Beitragszahler sind die Verlierer." Die Reform führe dazu, dass die gut gefüllten Rentenkassen "in nur fünf Jahren bis an die Untergrenze geleert" würden. Dann müsse der Beitragssatz wieder deutlich steigen.

Der DGB sprach dagegen von einem "entscheidenden Wendepunkt in der Rentenpolitik". Nötig sei, auch gegen Altersarmut noch etwas zu tun und das Rentenniveau zu stabilisieren, forderte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Dem schloss sich der Sozialverband VdK an: Das Rentenpaket könne, so Präsidentin Ulrike Mascher, "nur der erste Schritt sein".