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Scharfe Töne bei Generaldebatte im Bundestag

25.06.2014, 05:53

Berlin - Deutschland stützt nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiterhin die Konjunktur in ganz Europa.

"Deutschland bleibt Stabilitätsanker und Wachstumsmotor der Euro-Zone und auch der ganzen Europäischen Union", sagte Merkel am Mittwoch in der Generaldebatte des Bundestages zum Haushalt für 2014. Die deutsche Wirtschaft sei mit Schwung ins Jahr gestartet. Nach einem erwarteten realen Plus von 1,8 Prozent 2014 könnte die Wirtschaft im nächsten Jahr um 2 Prozent zulegen - bei weiter positiven Rahmenbedingungen. Die Euro-Schuldenkrise sei aber noch nicht ausgestanden, es gebe eine Reihe weltwirtschaftlicher Risiken.

Merkel sprach sich vor dem EU-Gipfel klar gegen eine Lockerung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes aus. Dieser biete hervorragende Voraussetzungen für mehr Wachstum und Beschäftigung, sagte Merkel. Er enthalte klare Leitplanken und Grenzen, aber auch eine Vielzahl flexibler Instrumente: "Beides müssen wir nutzen." Im Koalitionsvertrag hätten sich Union und SPD zu den gestärkten Regeln des Stabilitätspaktes bekannt, sagte die Kanzlerin. Er mache eine wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung möglich und zugleich deutlich, dass stabiles Wachstum nur durch nachhaltige Strukturreformen erreicht werde.

Die Kanzlerin sieht nach der Einigung der Koalition auf eine Ökostrom-Reform weitere große Aufgaben beim Umbau der Energieversorgung. Die Gestaltung der Energiewende bleibe eine Herkulesaufgabe, sagte Merkel. Nötig sei eine nationale Kraftanstrengung, etwa bei den Rahmenbedingungen für Kraftwerke und dem Ausbau des Leitungsnetzes. Dabei bleibe der Erhalt von Arbeitsplätzen eine absolute Notwendigkeit. "Ansonsten wird die Energiewende auf keine Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen."

Merkel machte deutlich, dass die erneuerbaren Energien Schritt für Schritt in den Markt integriert werden sollten, ohne dass es zu "Fadenrissen" kommen dürfe. Es gelte dabei auch die EU-Kommission zu überzeugen, dass dies gelingen müsse, ohne jahrelange Fördersysteme infrage zu stellen. Dafür trete die Bundesregierung entschieden ein.

Deutschland will den ehemaligen luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker auch gegen Widerstand aus anderen EU-Staaten zum neuen EU-Kommissionspräsidenten wählen. Merkel bekräftigte, dass die Bundesregierung Juncker als Kandidaten für den Spitzenposten unterstützt. Mit Blick auf die Ablehnung Junckers durch Großbritannien fügte sie hinzu: "Es ist kein Drama, wenn wir auch nur mit qualifizierter Mehrheit abstimmen werden."

Merkel versprach für den bevorstehenden EU-Gipfel ein "überzeugendes Paket aus inhaltlichen Prioritäten und ersten Personalentscheidungen". Dabei würden alle Konsultationen in einem "europäischen Geist" erfolgen. Die Anliegen aller Mitgliedstaaten würden ernst genommen, versicherte die CDU-Vorsitzende. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte: "Niemand will, dass Großbritannien die EU verlässt. Aber es kann auch kein Vetorecht gegen erfolgreiche Spitzenkandidaten geben."

Die Opposition hielt Merkels Koalition falsche Weichenstellungen vor. "Aus dieser Bundesregierung geht Deutschland schwächer raus, als es rein ging", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. "Sie verramschen die Potenziale unseres Landes." Der großen Koalition fehle der Mut zu Veränderungen. Die Ökostrom-Reform entpuppe sich als "handwerklicher Murks". Deutschland könne nicht Kohleland bleiben und zugleich internationaler Vorreiter für eine Energiewende sein.

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi warf Merkel vor, mit einer falschen Sparpolitik gegenüber dem Süden Europas zum Abbau der sozialen Gerechtigkeit beigetragen zu haben. Angesichts der Spähaktionen des Geheimdienstes NSA verhalte sich die Kanzlerin zudem "duckmäuserisch" gegenüber den USA.

Merkel verlangte von Russland weitere Signale für eine friedliche Lösung des Konflikts im Osten der Ukraine. Von Präsident Wladimir Putin gebe es "erste Schritte" wie den Verzicht auf eine Erlaubnis zum möglichen Einmarsch in die Ukraine. Zugleich gelte aber auch: "Wir brauchen substanzielle Fortschritte, damit wir in dauerhafte Gespräche eintreten können." Diplomatische Lösungen seien allem anderen vorzuziehen. "Aber wenn nichts anderes hilft, können auch Sanktionen wieder auf die Tagesordnung kommen."