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Schlupfloch bei Rente mit 63 Annahme von Minijob ermöglicht Frühverrentung mit 61

Das kürzlich beschlossene Gesetz zum Renteneintritt mit 63 Jahren enthält ein Schlupfloch. So gibt es eine legale Möglichkeit, schon zwei Jahre früher ohne Abschläge aus dem Beruf auszusteigen.

27.06.2014, 17:52

Berlin (AFP/cm) | Die von der großen Koalition ins Rentenpaket eingebaute Hürde, um bei der Rente mit 63 Frühverrentungen zu verhindern, kann mit der Annahme eines Minijobs umgangen werden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sprach am Freitag von einem "Notnagel, wenn Beschäftigte mit 61 Jahren gefeuert werden."

Das Bundesarbeitsministerium erwartet nicht, dass der vorgezogene Gang in die Arbeitslosigkeit in Kombination mit einem Minijob von Vielen in Anspruch genommen wird. Die schwarz-rote Koalition hatte in das Rentenpaket, das am Dienstag in Kraft tritt, auf Druck der Union eine Hürde gegen die Frühverrentung eingebaut: Bei der Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren werden Zeiten der Arbeitslosigkeit nur bis zwei Jahre vor Renteneintritt angerechnet. Damit soll vermieden werden, dass Arbeitnehmer bereits mit 61 Jahren aus dem Beruf aussteigen und dann nach zwei Jahren Arbeitslosengeldbezug die abschlagsfreie Rente mit 63 beziehen.

Die Bundesregierung bestätigte aber in einer Antwort auf eine Grünen-Anfrage, dass bei den 45 Beitragsjahren auch Zeiten mitzählen, in denen in den letzten zwei Jahren vor Rentenzugang neben dem Bezug von Arbeitslosengeld ein versicherungspflichtiger Minijob ausgeübt wird.

Ein Sprecher des Arbeitsministeriums verwies am Freitag jedoch darauf, dass die Arbeitnehmer dann deutliche finanzielle Einbußen hinnehmen müssten. Eine Frühverrentungswelle sei daher "unwahrscheinlich", betonte er. Es gebe überdies den allgemeinen Trend, erfahrene Arbeitnehmer nicht vorzeitig zu entlassen. Das Rentengesetz werde aber eingehend evaluiert, gegebenenfalls werde in dem Punkt nachgesteuert.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärte, der Minijob neben dem Bezug von Arbeitslosengeld sei kein "Schlupfloch" für die Rente mit 63. Es gehe darum, "dass sich die Betroffenen ihre Ansprüche im Notfall auch über diesen Weg noch selbst erarbeiten" könnten. Minijobs blieben aber "arbeitsmarktpolitisch höchst bedenklich" und seien kein Mittel für gleitende Übergänge in die Rente. Buntenbach forderte die Arbeitgeber auf, die Rente mit 63 nicht zu missbrauchen, um ältere Beschäftigte frühzeitig auf die Straße zu setzen.

Der DGB verweist in einer Information seiner Rechtsabteilung von Ende Mai ausdrücklich auf die Möglichkeit eines Minijobs für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vorzeitig endet. Hier böten sich "Lösungsoptionen, um die notwendigen Zeiten zur Erfüllung der Wartezeit zurückzulegen". Eine Tätigkeit von weniger als 15 Stunden pro Woche habe keinen Einfluss auf den Arbeitslosengeldanspruch. Der Verdienst werde nur darauf angerechnet, wenn er netto 165 Euro im Monat übersteige. Wichtig sei, dass der Minijob rentenversicherungspflichtig sei.

Der Grünen-Rentenexperte Markus Kurth erklärte mit Blick auf die von Schwarz-Rot eingebaute Hürde im Rentengesetz: "Die so genannte rollierende Stichtagsregelung entpuppt sich als Papiertiger." Die Regierung versuche, "das Schlupfloch klein zu reden". Kurth fügte hinzu: "Die vermeintliche Trophäe des Wirtschaftsflügels der Union ist faktisch wertlos."

Der Linken-Rentenexperte Matthias Birkwald erklärte, es sei "richtig und sinnvoll", rentenversicherungspflichtige Minijobs auf die Wartezeiten bei der Rente mit 63 anzurechnen. Birkwald warnte davor, hier Änderungen anzustreben.