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Panne bei Ökostrom-Reform: Koalition muss Gesetz nachbessern

01.07.2014, 10:06

Berlin - Panne für Schwarz-Rot: Die erst am Freitag von der großen Koalition durch den Bundestag gedrückte Ökostromreform muss nachgebessert werden.

Wegen eines handwerklichen Fehlers im Gesetz hätte es ungewollt Förderkürzungen für mehrere Hundert bestehende Biogasanlagen in Deutschland gegeben. Aus Gründen des Bestandsschutzes war aber zugesichert worden, dass bestehende Anlagen weiterhin ihre auf 20 Jahre garantierten Vergütungen bekommen. Nur bei neuen Anlagen soll gekürzt werden. Die Förderkosten werden per Umlage auf den Strompreis von Bürgern und Wirtschaft abgewälzt.

Die Grünen warfen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) "handwerklichen Pfusch" vor und fühlen sich in ihrer Kritik bestätigt. Hätten Gabriel und die Koalition dem Parlament mehr Zeit zur Beratung gegeben, wäre das nicht passiert. Union und SPD wollen nun mehrere Korrekturen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) an ein geplantes Gesetz "zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr" anhängen. Es soll noch diese Woche vom Bundestag beschlossen werden.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte: "Solche Fehler hätten mit einem ordentlichen Verfahren vermieden werden können." Deshalb hätten die Grünen vergangene Woche eine Anhörung verlangt. Jetzt müsse die Regierung an einem wesentlichen Punkt nachbessern. Betroffen sei ein Großteil der Biogaserzeugungsanlagen, deren Existenz durch den "Murks aus dem Hause Gabriel" in Gefahr sei.

Göring-Eckardt schloss nicht aus, dass der Bundestag zu Sondersitzungen zusammenkommen muss. Die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), sagte der dpa, die Koalition habe die Warnungen vor dem Zeitdruck bei der EEG-Reform in den Wind geschlagen. "Jetzt muss Schwarz-Rot zugeben, dass sie schlampig gearbeitet haben." Im Bundeswirtschaftsministerium hieß es, es handele sich um einen bedauerlichen "redaktionellen Fehler".

Der Deutschen Presse-Agentur liegt der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor, wonach der Fehler in Paragraf 100 des geänderten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) steckt. Der Fehler würde dazu führen, dass der Bestandsschutz bei der Förderung für vor 2012 in Betrieb genommene Blockheizkraftwerke wegfällt, die räumlich entfernt von einer Biogasanlage stehen und Strom produzieren.

Diese Kraftwerke sind rechtlich eigenständige Anlagen, was für nach 2012 gebaute Anlagen nicht gilt. Ob mehrere Anlagen zusammengefasst werden oder nicht, wirkt sich aber entscheidend auf die Höhe der Vergütung aus. Denn je höher die Leistung der Anlage ist, desto niedriger ist der Vergütungssatz je Kilowattstunde.

Schon die letzten Tage vor der Verabschiedung im Bundestag waren chaotisch. Weil es auf den letzten Metern erneut Einwände der EU-Kommission gab - diesmal gegen die Gestaltung einer Umlage für Eigenstrom-Verbraucher - mussten Union und SPD den Entwurf nachbessern. Grüne und Linke verlangten wegen der Änderungen eine zusätzliche Anhörung von Experten, was die große Koalition aber abbügelte. Auch eine Verschiebung der Abstimmung im Bundestag lehnte Schwarz-Rot ab.

Die Regierung hatte mit großem Zeitdruck argumentiert, weil die Reform am 1. August in Kraft treten soll. Sonst könnten Unternehmen nicht mehr rechtzeitig Rabattanträge bei den Ökostrom-Förderkosten für 2015 stellen. Die Industrie soll weiter um rund fünf Milliarden Euro entlastet werden, ohne die Nachlässe warnt sie vor Jobverlusten. Hierzu war im April ein Kompromiss mit Brüssel erzielt worden.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fördert klimafreundliche Stromerzeugung aus Sonne, Wind, Wasser und Biogas mit Milliarden-Summen - es soll helfen, den Atomausstieg bis 2022 zu meistern. Um die Kosten stärker zu begrenzen, soll es gerade bei neuen Windrädern an Land und bei Biogasanlagen Förderkürzungen geben.

Ökoenergie-Anlagen erhalten bisher ab Anschlussdatum auf 20 Jahre garantiert feste Fördersätze, Union und SPD hatten stets betont, bei bestehenden Anlagen gelte Bestandsschutz. Denn nachträgliche Kürzungen bergen verfassungsrechtliche Probleme. Die Kosten werden auf den Strompreis umgelegt. Ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden zahlt derzeit netto 218 Euro EEG-Umlage.