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Nicht von Pappe Die Legende des Wartburg aus Eisenach

Zu DDR-Zeiten liefen 1,6 Millionen Wartburgs vom Band. Heute sind noch 7000 Stück auf den Straßen unterwegs.

24.07.2014, 12:04

Magdeburg l Frank Schuster aus Magdeburg fährt - wenn er Zeit hat - seinen alten Wartburg. Ein seltenes Modell. Einen 312er Hardtop, also mit abnehmbarem Dach, Baujahr 1965. In den späten 1950er und frühen 60er Jahren durften die Autobauer in der DDR sich noch richtig austoben, und so kam es, dass es vom alten Wartburg neben Limousine und Kombi auch Sportmodelle gab. Nicht viele, aber immerhin. Später war mit dieser Vielfalt Schluss.

Das gelbe Prachtstück hat schon einiges durchgemacht. Da die Dächer der Wagen nie ganz dicht waren, hatte ein früherer Besitzer zu DDR-Zeiten den Sportwagen zum Kombi umgemodelt. Dann geriet der Wagen in die goldenen Hände eines Karosseriebauers, der das Auto - als sein Meisterstück -wieder in ein Cabrio zurückverwandelte. 1991 kaufte Frank Schuster den Wagen. Für 7500 Mark. Um ihn aufzumöbeln, hat er noch mal 15000 Mark reingesteckt. "Ein ,Schweinegeld´, dachte ich damals. Doch heute weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe." Denn: Da seinerzeit nur gut 500 Exemplare vom Band gerollt waren, werden für die raren Oldtimer heute bis zu 30000 Euro bezahlt. Mehr als für einen alten Mercedes. Das ebenfalls seltene 313er Wartburg Sportcoupé erzielt gar Preise bis zu 70000 Euro. "Die Preise sind in letzter Zeit enorm gestiegen", erzählt Schuster. Wegen der Mini-Zinsen suchen Leute nach Anlagemöglichkeiten.

Obwohl man das Benzin für den Zweitakter selber mit Öl vermischen muss, obwohl es keine Servolenkung gibt und kein ABS, findet Frank Schuster die Fahrt mit dem Wartburg entspannend. "Wenn man mit einem neuen Auto mit 80 über die Landstraße schleicht, zeigen die Leuten einen Vogel - mit dem Oldtimer wird man noch freundlich gegrüßt."

1953 endete Viertakter-Ära

Der "Wartburg" wurde in Eisenach entwickelt und produziert. Im Deutschen Reich war die Stadt in Thüringen die einzige Pkw-Schmiede von BMW. Nach der Verstaatlichung und einem verlorenen Namens-Rechtsstreit mit München 1951 wurden die Autos flugs in EMW (Eisenacher Motorenwerke) umbenannt und das bekannte weiß-blaue BMW-Emblem durch ein weiß-rotes ersetzt.

Die großen Limousinen und Kombis waren in den 50er Jahren als Taxi oder Krankenwagen sehr begehrt. Da die DDR von Moskau zum Bau kleiner Autos verdonnert worden war, endete bald die EMW-Produktion und damit auch die Ära der Viertakter. Ab 1953 musste Eisenach zum Ärger der Ingenieure und Arbeiter mit dem Bau von Zweitaktern beginnen. Sie übernahmen aus Zwickau die F9-Produktion, da die Sachsen Platz brauchten für die Produktion von P 70 und Trabi.

Aus dem F 9 wurde 1955 schließlich der Wartburg entwickelt: Zweitakter, Frontantrieb - aber im Gegensatz zur Rennpappe aus Zwickau immerhin mit einer Karosse aus Stahlblech und nicht aus Kunststoff. Die ersten Wartburg-Typen 311, 312, 313 waren formschön und voller Vielfalt. Die 3er-Nummerierung entstammt aus der BMW-Tradition. 1966 kam der neue 353er - und mit ihm quasi das Ende. Die DDR hatte nicht die Kraft, die von den Ingenieuren weiterentwickelten Modelle bauen zu lassen.

1988 startete ein letzter Versuch mit einem VW-Viertaktmotor, letztlich blieb der Wartburg aber ein längst aus der Zeit gefallenes Auto. 1991 rollte der letzte der insgesamt 1,6 Millionen Wartburgs vom Band (Trabant: 3 Millionen). Heute sind noch gut 7000 Exemplare zugelassen (Trabi: 30 000).