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Bundestagsgutachten: Mautpläne verstoßen gegen EU-Recht

03.08.2014, 07:48

Berlin - Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hält die Mautpläne von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für unvereinbar mit EU-Recht. Dobrindts Konzept führe gleich mehrfach zu einer "mittelbaren Diskriminierung von Unionsbürgern", heißt es in dem 23-seitigen Gutachten, das der dpa vorliegt.

Zuerst hatten die "Bild am Sonntag" und "Der Spiegel" darüber berichtet.

Das Verkehrsministerium warf dem Verfasser des Gutachtens Fehler vor - der Gesetzesentwurf werde eindeutig europarechtskonform ausgestaltet sein. Dobrindt will eine Vignettenpflicht auf allen deutschen Straßen einführen. Inländische Autobesitzer sollen aber voll über die Kfz-Steuer entlastet werden. Unterm Strich sollen die Mehreinnahmen damit nur von ausländischen Fahrern kommen.

Zwar solle die Steuererleichterung formal getrennt beschlossen werden, doch "müssen beide Maßnahmen zusammen betrachtet" werden, heißt es in dem Bundestagsgutachten, das der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner in Auftrag gegeben hatte.

Der Verfasser sieht in der Koppelung eine Diskriminierung anderer EU-Bürger. Auch die geplante Struktur der Vignettenpreise würde der Untersuchung zufolge gegen EU-Recht verstoßen.

So sollten die Preise für Jahresvignetten für inländische Autos nach Umweltfreundlichkeit, Hubraum und Zulassungsjahr gestaffelt sein, für ausländische aber nicht. Das führe dazu, dass ein ausländischer Fahrer eines Benzin-Fahrzeugs einheitlich 103,04 Euro zu zahlen habe, der Halter beispielsweise eines in Deutschland zugelassenen VW Polo 1.2 TSI aber nur 24 Euro - um die dann auch noch die Kfz-Steuer sinke.

"Das Vorenthalten einer nach bestimmten Kriterien gestaffelten Beitragshöhe führt zu einer ungleichen Behandlung von inländischen und ausländischen Kfz-Haltern und damit zu einer mittelbaren Diskriminierung", heißt es in der Rechtsstudie. Der Verfasser legt dabei allerdings den Pauschalpreis zugrunde, den ausländische Pkw-Fahrer für eine Jahresvignette an einer Tankstelle zahlen müssten. Bestellen sie über das Internet, sollen gestaffelte Tarife wie bei den Inländern gelten - abhängig von den Eigenschaften des Wagens.

Das Verkehrsministerium nimmt unter anderem das zum Anlass, die Studie als fehlerhaft zu kritisieren. "Die Ausführungen des Wissenschaftlichen Diensts weisen offensichtlich fachliche und inhaltliche Fehler auf. Die Schlussfolgerungen sind deswegen absolut unzutreffend", erklärte ein Sprecher.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer schlug in dieselbe Kerbe. "Der Wissenschaftliche Dienst hat sich hier politisch missbrauchen lassen und in der parlamentarischen Sommerpause auf die Schnelle und unter Druck ein fehlerhaftes Gutachten verfasst", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Ferner bemängelt der Bundestagsgutachter aber auch, dass mit Dobrindts Pkw-Maut-Konzept ausländische Verkehrsunternehmen wie zum Beispiel Kurierdienste finanziell stärker belastet würden als inländische. Er wertet das als Verstoß gegen den Vertrag über die Arbeitsweise der EU und gegen ein entsprechendes Verbot des Europäischen Gerichtshofs.

Die Bundestagsfraktion der Grünen erklärte, ebenfalls ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dientes in Auftrag gegeben zu haben - das zu einem ähnlichem Ergebnis komme. Die Mautpläne seien demnach nicht EU-konform. "Damit ist klar: Die CSU ist innerhalb der Großen Koalition mit ihrem Vorschlag des mittelalterlichen Wegezolls gescheitert", sagte Fraktionsvize Oliver Krischer.

Aus der Union wurde die Kritik als vorschnell bezeichnet: "Eine Bewertung vorzunehmen, ohne dass überhaupt ein Gesetzentwurf vorliegt und damit klar ist, wie die Maut denn genau rechtlich ausgestaltet sein wird, halte ich für äußerst fragwürdig", sagte des verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Ulrich Lange (CSU).

Der Vorstandsvorsitzende des Daimler-Konzerns, Dieter Zetsche, lehnte Dobrindts Vorhaben strikt ab. "Die Pkw-Maut halte ich eher für populistisch als für rational nachvollziehbar", sagte er der "Bild am Sonntag". Er verstehe zwar den Ärger über die Maut in Nachbarländern. "Aber hier Gleiches mit Gleichem zu vergelten, ist falsch. Wenn überhaupt, brauchen wir eine europäische Lösung. Von der geplanten selektiven Maut in Deutschland sollten wir lieber die Finger lassen."