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Milliarden-Überschuss: Ökostrom-Umlage sinkt erstmals

07.10.2014, 06:34
Windräder im Nebel. Foto: Ole Spata
Windräder im Nebel. Foto: Ole Spata dpa

Berlin - Erstmals seit ihrer Einführung wird die von allen Stromverbrauchern zu zahlende Ökostrom-Umlage sinken. Das sei wegen eines Milliarden-Überschusses auf dem Förderkonto zum entscheidenden Stichtag 30. September sicher, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Branchenkreisen.

Das Umlage-Konto war Ende September mit 1,38 Milliarden Euro im Plus, in den Vorjahren gab es immer ein dickes Minus. Am 15. Oktober wird die Umlage für 2015 veröffentlicht. Zuständig für die Berechnung sind die vier Übertragungsnetzbetreiber, die den aktuellen Kontostand nun im Internet veröffentlicht haben.

Das Sinken hat sich wegen einer zu hoch angesetzten Umlage für 2014 schon seit Monaten abgezeichnet. Die Umlage wird seit 2003 erhoben, damals betrug sie 0,41 Cent je Kilowattstunde. Derzeit liegt die Umlage bei 6,24 Cent je Kilowattstunde, was bei einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden einen Haushalt knapp 220 Euro im Jahr kostet.

Nach Jahren starker Anstiege wird auch für die nächsten Jahre mit nur noch moderaten Steigerungen und daher mit etwas Entspannung bei den Strompreisen gerechnet. Dank der Milliardenhilfen beträgt der Ökostrom-Anteil bereits rund 27 Prozent. In den ersten neun Monaten wurden Solar-, Wasser-, Wind- und Biomasseenergie zur wichtigsten Stromquelle, erstmals wurde der Braunkohlestromanteil übertroffen.

Experten hatten zuletzt eine Umlage von etwa 6 Cent für das kommende Jahr berechnet, was bei 3500 Kilowattstunden Verbrauch 210 Euro ausmachen würde. Der Strompreis kann, muss aber nicht sinken. Das hängt auch von anderen Strompreis-Komponenten wie den Netzentgelten ab, die durch die Netzausbaukosten ansteigen können.

Die Ökostrom-Umlage macht derzeit 18 Prozent des Strompreises aus - der Staat profitiert sogar noch durch die Mehrwertsteuereinnahmen von einer hohen Ökostrom-Umlage. Verbraucher und Wirtschaft zahlen die Umlage über den Strompreis, energieintensive Firmen sind weitgehend befreit. Diesen Milliarden-Einnahmen stehen Milliarden-Ausgaben für die Vergütung des produzierten Ökostroms gegenüber - Betreiber von Ökoenergieanlagen erhalten auf 20 Jahre garantiert feste Vergütungen.

Seit 2010 war die Umlage von damals 2 Cent deutlich gestiegen, unter anderem weil der Solarzubau stark zunahm. Im August trat eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Kraft mit weiteren Förderkürzungen - aber auch mit Industrierabatten bei den Förderkosten für erneuerbare Energien mit einem Volumen von rund fünf Milliarden Euro. Da die Reform erst gerade in Kraft getreten ist, hat sie keinen Einfluss auf das erwartete Sinken der Umlage 2015.

Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer betonte: "Die gute Nachricht: Die EEG-Umlage sinkt. Die schlechte Nachricht: Die EEG-Novelle von Union und SPD wird die Haushaltsstromkunden mittelfristig nicht entlasten." Grund seien weiterhin großzügige Befreiungen der Industrie, kritisierte Krischer. Daher werde die Umlage 2016 wohl wieder ansteigen.

Der Strompreis für private Haushalte in Deutschland ist seit 2008 um 38 Prozent gestiegen, wie die Bundesregierung jüngst mitteilte. Demnach legte der Kilowattstunden-Preis von 21,4 Cent auf 29,4 Cent zu. Für die energieintensive Industrie sind die Preise - auch dank hoher Rabatte - von 2008 bis 2014 hingegen um ein Prozent gefallen. Für die übrige Industrie stieg er jeweils um 13 bis 15 Prozent.

Die Versorger konnten seit 2008 wegen des Zuwachses an Solar- und Windstrom von deutlich gesunkenen Einkaufspreisen profitieren. Aber dieser Vorteil wird nach Meinung von Verbraucherschützern oft nur unzureichend an die Stromkunden weitergegeben, während sie durch die Ökostrom-Förderung, Industrierabatte und Netzkosten belastet werden.