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Moderne Donizetti-Oper Pasquale als ältlicher Junggeselle

Regisseur Hinrich Horstkotte bescherte dem Publikum des Nordharzer
Städtebundtheaters die höchst spannungs- und humorvolle Buffo-Oper "Don
Pasquale" von Gaetano Donizetti. Theatervergnügen pur!

Von Hans Walter 16.02.2015, 01:33

Halberstadt l Der Regisseur, vom Habitus her wie ein Romantiker, spielte in der Premiere der 1843 entstandenen Oper sogar selbst mit. Sein "Pasquale" ist zeitgenössisch und modern. In Zeiten der oftmals vergeblichen Liebessuche im Internet, Enttäuschung und letztlich philosophischer weiser Bescheidung alternder Menschen ist das Thema aktueller denn je.

Das heißt: Horstkotte gibt ihn nicht auf als liebestollen, liebeskranken Trottel. Er zeigt ihn - getreu der Donizettischen Charakterisierung - als "ältlichen Junggesellen, nach alten Maßstäben zugeschnitten, sparsam, leichtgläubig, dickköpfig, im Grunde ein guter Kerl" (Dramaturgie: Susanne Range). Dieser Don Pasquale (Klaus-Uwe Rein) vermeint, alles auf Anfang stellen zu können. Das ist seine Krankheit; das genau gelingt ihm nicht.

Bücher und ein Schädel auf dem Schreibtisch

Don Pasquale hat gut gelebt und gut verdient in seiner einsamen Studierklause mit Dampfbad. Der Regisseur, der auch alle Kostüme schuf, und seine Bühnenbildnerin Eva-Maria Schwenkel erzählen es plastisch. Auf dem Schreibtisch liegen stapelweise Bücher, stehen ein Globus und ein Schädel. Menschenscheu ist er geworden - mit Kratzhand, derangierter Kleidung und wirrem Haar. Jetzt hat er sich eine junge Frau in den Kopf gesetzt. Sein Neffe Ernesto und einziger Erbe (Jin Hak Mok) wird kurzerhand enterbt, weil er die arme Witwe Norina (Bettina Pierags) liebt, die schon lange auf das Erbteil scharf ist.

Dottore Malatesta (Juha Koskela) soll Pasquale helfen in seiner Liebespein. Ein smarter Typ in Nadelstreifen. Er offeriert seine im Kloster aufgewachsene sanfte Schwester Ofrina als Gattin. In Wirklichkeit ist es Norina. Sie soll Pasquale zum Schein heiraten, aber ihm dann durch grandiose Verschwendungssucht und Amüsement das Leben derart zur Hölle machen, dass er froh ist, das Biest wieder loszuwerden. So der Plan. Er gelingt!

Zunehmend wird der Held bis zum dritten Akt ansehnlicher. Mit Gesellschaftsanzügen in Schwarz und Weiß, mit onduliertem Kopfschmuck. Es geht um alles - zuvörderst um seinen Reichtum. Seine Wohnung verändert sich, Dutzende neue Dienstboten ziehen ins Schicki-Micki-Domizil ganz in Rot ein. Zu alledem lässt Ofrina-Norina ein Briefchen fallen, dass sie einen Lover erwartet. Panik bei Pasquale!

Das Ganze ist ein großartiges Kammerspiel in klarer Szenerie, mit sängerischer Kraft und gewitzter Darstellung aller Solisten und des Chores (Einstudierung: Jan Rozehnal), eine furiose Orgie der Kostüme und Masken.

Die Sänger zeigen echte Stimmartistik

Horstkotte lauscht auf den musikalischen Leiter Michael Korth und das Orchester. Musik wird zu Handlung - etwa mit der erzählenden Ouvertüre, bei der die Personnage in einer trubeligen Volksszene wortlos vorgestellt wird. Ein Detail am Rande dazu: Pasquale findet auf der Straße ein Taschentuch und hebt es auf. Man lässt eben nichts liegen, was noch einigen Wert verspricht. "Er schnuppert daran. Der Duft der Frauen."

Oder das in der Musik angegebene "Gluck-Gluck" beim Einschenken zweier Gläser - diese Musik kichert, lacht, plappert! Das wird zum Erlebnis. Eine tolle, durchdachte Arbeit im Spiel um Geld und/oder Liebe!

Die Sänger zeigen größte Freude und Stimmartistik als Charakterspieler. Aus Typen werden Menschen. Bettina Pierags Kavatine, das Duett zwischen Rein und Koskela "In den Garten", Moks und Pierags wundervolle Serenade, das Finale des zweiten Aktes, der Dienerchor oder das Rondo-Finale zum Schluss - es sind Gesangsnummern voller Belcanto, voll federleichter Verzierungen, voll dramatischer Spiel- und Sangesfreude. Dabei gab der Tenor Jin Hak Mok sein Debüt in Halberstadt - Glückwunsch zu diesem Sänger voller Männlichkeit und Expressivität.

Ende gut, alles gut. Pasquale gibt Generalpardon; Ernesto und Malatesta verkünden die Moral der Komödie: "Auf dem rechten Haupte sitzen seht Ihr nun den Hochzeitskranz". Bravo!

Die nächsten Vorstellungen in Halberstadt am 15. und 27. März. Bilder unter www.volksstimme.de/don_p