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Kabarett "... nach Hengstmanns" Aller guten Dinge sind "3st"

Von Rolf-Dietmar Schmidt 07.03.2015, 01:27

Magdeburg l Wenn eines Tages ein Kamel durch den Breiten Weg in Magdeburg trabt und ein Scheich mit unaussprechbarem Namen das Kabarett der "Hengstmänner" sucht, um die islamkritischen Familiensatiriker zu strafen, dann ist es das die Familie schützende Oberhaupt, das solche Dreistigkeiten nicht duldet.

Die drei Kabarettisten verbinden in ihrem neuen Programm die Zahl drei, schließlich agieren sie zu dritt, mit einem Wortspiel zu der "Dreistigkeit", die politisch-satirisches Kabarett haben darf und haben sollte. Und von ihrer zu Magdeburg gehörenden musikalischen Islamvision eilen sie sofort weiter in die Geschichte, weit zurück in das römische Reich, um vom Triumvirat, einem Bündnis von drei Männern mit gleichen Interessen, auf das viel gefährlicher klingende russische Wort Troika zu kommen.

Arbeitswut bei Hengstmann-Kabarettisten

Damit lässt sich natürlich trefflich spielen. Immerhin war es die SPD, die von Wahl zu Wahl mit einer Troika Schiffbruch erlitt, wie die "Hengstmänner" genüsslich durch die Jahrzehnte eilend zeigen. Von Wehner, Brandt und Schmidt zu Schröder, Scharping, Lafontaine. Zeit- und Rangfolgen sind da völlig unwichtig, nur das Scheitern an den unterschiedlichen Interessen ist wichtig.

So wundert es denn nicht, dass in Griechenland auch eine Troika am Werke war. Immerhin heißt sie heute nicht mehr so. Da war, so schlussfolgern die drei Kabarettisten messerscharf, schon von vornherein klar, dass die Bemühungen für das vorwiegend zum Sitzen dienende Körperteil sein würden.

Frank, Sebastian und Tobias Hengstmann hat offenbar die kabarettistisch-künstlerische Arbeitswut befallen. Nach einem Dreierprogramm, einem Allein-Programm der beiden Brüder und einem Soloprogramm von Sebastian Hengstmann nun ein weiteres "Ganz schön 3st" aufzulegen, da bleibt nicht viel Privatleben. Immerhin machen in einem Familienkabarett wie "... nach Hengstmanns" alle alles.

Eindringliche Kabarett-Augenblicke

Ungeduldig wartet das Publikum stets auf die Kultfiguren Manni Fest, Malte oder Matze alias renitenter Rentner Franz Branntwein. In diesen Momenten lassen die drei dann alles an Zucker raus, womit man einen Affen füttern kann. Da jauchzt und kreischt es vor Vergnügen an den Tischen, so dass die Akteure auf der Bühne das eine oder andere Mal den Text über den Haufen werfen und mit ihren Zuschauern agieren.

Doch es gibt auch die stillen, die eindringlichen Augenblicke in dem Programm, in dem kurzweilig und ohne Brüche von einem in das nächste Thema gesprungen wird, was wohl auf die behutsame Regiearbeit von Bernd Kurt Goetz zurückzuführen ist.

Das Rollenspiel von Frank Hengstmann als "Penner" mit dem smarten Businessman Tobias Hengstmann ist eine solche Szene. Wenn alles einen Preis hat, es nur auf die Höhe der Summe ankommt, dann kann man doch einem, der auf der Straße bettelt, auch die Würde abkaufen. Ein ethisch-philosophisches Lehrstück über das Verhältnis von Würde und Ehre.

Die Einführung des Renten-Lügendetektors

Eines der ganz starken Momente in diesem stark comedyorientierten Programm. Ebenso die Replik zur Zusammensetzung der typisch deutschen Familie der Gegenwart - Mann-Frau-Hund. Bissiger Nachsatz: Da können dann später die Großeltern mit ihren Fellenkeln spazieren gehen.

Musik auch in diesem Hengstmann-Programm eine wichtige Rolle. Köstlich ist die Moritat "Drum wähl\\\' ich jetzt \\\'ne Protestpartei", und als Musikanten stellen sie unter Beweis, dass Jazz in ihrem Repertoire ebenfalls einen Platz hat.

Bei der Rentenreformation von Franz Branntwein, der mit einem WLAN-Lügendetektor dafür sorgt, dass nur Rente bekommt, wer seine mehr als 90 Rententhesen fehlerfrei beantwortet, lassen die drei noch mal alles raus, was an komödiantischem Talent in ihnen steckt. Und das ist eine Menge!