Suche nach neuen Einnahmequellen Stadtwerke am Scheideweg

Stadtwerke galten lange als der Rettungsanker für klamme Kommunen. Die
satten Gewinne besserten die Haushalte auf. Doch die Folgen der
Energiewende haben die kommunalen Unternehmen getroffen - auch in
Sachsen-Anhalt. Viele Versorger suchen nach neuen Geschäftsfeldern, um
Geld zu verdienen.

26.03.2015, 01:26

Magdeburg l Eine Branche ist im Wandel. Die großen deutschen Energiekonzerne mussten in den vergangenen Monaten einbrechende Gewinne, sogar Milliardenverluste verkünden. Grund ist die Energiewende, die den deutschen Strommarkt in den vergangenen Jahren durcheinandergerüttelt hat. Die Branchenriesen Eon, RWE und EnBW suchen nun dringend nach anderen Geschäftsideen, um ihr Geschäft wieder profitabel zu machen.

"Die Stadtwerke sind in vergleichbares Fahrwasser geraten", sagte Dino Höll, der kaufmännischer Geschäftsführer der Stadtwerke Dessau ist. Am Mittwoch beriet er auf dem 6. Ostdeutschen Stadtwerketag in Magdeburg mit 40 Kollegen über die Zukunft der regionalen Energieunternehmen. Insbesondere kämpfen die Versorger mit den gesunkenen Margen, die sie mit der Erzeugung von Energie erzielen. Die Produktion konventioneller Energie aus Gas und Kohle lohnt sich für die Stadtwerke kaum noch, weil billiger Strom aus Solar- und Windenergie den Markt flutet und die Preise drückt. Gleichzeitig erzeugen immer mehr Unternehmen und Privatleute ihren Strom selbst. Dadurch sinkt der Marktanteil für die Energiewirtschaft.

"Die meisten Stadtwerke schaffen es gerade so, das Ergebnis konstant zu halten", erklärte Höll. Im vergangenen Geschäftsjahr stand bei den Stadtwerken Dessau ein Gewinn im niedrigen einstelligen Millionenbereich bei einem Umsatz von rund 200 Millionen Euro. Die sinkenden Ergebnisse können die regionalen Versorger derzeit nur auffangen, weil sie weniger investieren.

Bundesregierung prüft Förderung
"Die Verlässlichkeit der Politik ist nicht gegeben. Wir sollen eine Investitionsentscheidung treffen, aber wissen nicht, was morgen ist", so Höll. Derzeit prüft die Bundesregierung die Förderung der Stromerzeugung aus sogenannten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erwägt, die von den Stromkunden zu zahlende Umlage auf Bestandskraftwerke zu beschränken. Den möglichen Wegfall der Unterstützung von neuen Anlagen kritisierten die Energiemanager. "Wenn das passiert, kommt der Strom nicht mehr aus Gaskraftwerken bei uns, weil die sich nicht mehr rechnen", sagte Thomas Bräuer, Geschäftsführer der Altmärkischen Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke.

Angesichts der sich verändernden Rahmenbedingungen versuchen viele Stadtwerke weitere Geschäftsfelder zu erschließen. In Greifswald setzt der kommunale Versorger auf Carsharing, in Angermünde versuchen die städtischen Werke über den Betrieb eines Naherholungskomplexes neue Einnahmen zu generieren.

"Wir brauchen neue Produkte, die Menschen ansprechen", sagte Dino Höll. Er sieht ein künftiges Geschäftsfeld in den sogenannten Smart-Metern, den intelligenten Stromzählern, die in Wohnungen eingebaut werden können. Kunden sehen dann wie viel sie verbrauchen. Der Anbieter kann mit den technischen Helfern sein Netz besser auslasten und dank Daten über den Verbrauch seiner Kunden die richtige Menge Energie einspeisen.

Gelingt der Sprung in neue Geschäftsfelder nicht, dürfte das auch die Kommunen in Mitleidenschaft ziehen. Denn die Versorger gehören den Städten und Gemeinden. Lange Zeit subventionierten die profitablen Stadtwerke städtische Betriebe wie Büchereien und Schwimmbäder, die rote Zahlen schrieben. Die Unternehmensberatung Roland Berger zeichnete im vergangenen Jahr ein düsteres Bild. Demnach sei die Profitabiliät der regionalen Energieunternehmen seit 2004 um 30 Prozent gesunken. Bei 120 der 500 untersuchten Unternehmen hätte sich das operative Ergebnis und die Eigenkapitalquote im Schnitt jedes Jahr verschlechtert.