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Umstrittenes Gesetz Fracking vorerst auf Probe

Die umstrittenen Fracking-Pläne von Bundesumweltministerin Hendricks
haben das Kabinett passiert. Die Ministerin verteidigt ihre strengen
Auflagen, die Fracking stark einschränken. Umweltverbände werfen ihr
dennoch Wortbruch vor.

02.04.2015, 01:19

Berlin (epd) l Die umstrittene Fracking-Technologie zur Förderung von Erdgas und Erdöl aus tiefen Gesteinsschichten soll in Deutschland nur unter strengen Auflagen möglich sein. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) präsentierte am Mittwoch in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf, der zuvor vom Kabinett gebilligt wurde. Demnach bleibt das Fracking in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgesteinen in weniger als 3000 Meter Tiefe verboten. Probebohrungen aus wissenschaftlichen Zwecken sollen aber möglich sein.

Deren Ergebnisse soll ab 2018 eine unabhängige Expertenkommission auswerten. Erst danach, sollte ein positives Votum erfolgen, könnten kommerzielle Fracking-Projekte beantragt werden. Die Entscheidung liegt nach Hendricks` Worten dann bei den Bergbau- und Wasserbehörden der Länder.

Hendricks verteidigte ihre Pläne gegen Kritik von Umweltschützern. Sie werfen ihr vor, ihr Versprechen gebrochen zu haben, wonach es Fracking auf absehbare Zeit in Deutschland nicht geben werde. Die Ministerin sagte, nach der derzeitigen Rechtslage sei unkonventionelles Fracking möglich. Das Gesetz schränke diese Möglichkeiten ein: "Es wird vieles verboten, was bislang möglich ist."

Einige Regionen werden durch das Gesetz mit einem absoluten Fracking-Verbot versehen. Dazu gehören Naturschutzgebiete, Nationalparke, Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebiete, Einzugsgebiete von Talsperren und natürlichen Seen, die der Wasserversorgung dienen, sowie Einzugsgebiete von Wasser- entnahmestellen. Die Länder können Hendricks zufolge das Verbot auf Mineralwasservorkommen und Gebiete des Steinkohlebergbaus erweitern.

Mit dem Gesetz werde Fracking so weit eingeschränkt, dass es für Mensch und Umwelt keine Gefahr sei, versprach Hendricks. Vor Bohrungen müssten Umweltverträglichkeitsverfahren stattfinden. Das gilt demzufolge künftig auch für das konventionelle Fracking, mit dem in Deutschland bereits seit den 1960er Jahren Erdgas aus Sandstein gefördert wird. Für diese bestehende Industrie werden Hendricks zufolge die Regeln verschärft.

100 Unionsabgeordnete sind skeptisch

Über das Gesetz muss nun der Bundestag beraten. Hendricks rechnet mit Änderungen an ihrem Gesetz, denn es kündigt sich bereits großer Widerstand an. Der CDU-Abgeordnete Andreas Mattfeldt, der mehrfach Kritik an den Plänen der Umweltministerin äußerte, sagte, inzwischen stünden mehr als 100 Unionsabgeordnete den Plänen skeptisch gegenüber. Er forderte unter anderem, die Zahl der erlaubten Probebohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken auf acht zu begrenzen. Er wolle keinen Flickenteppich mit flächendeckenden Bohrungen, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zudem forderte er Regeln für den Umgang mit dem Lagerstättenwasser, das beim Fracking als Abfallprodukt entsteht und Mattfeldt zufolge hochgradig mit Benzolen und Quecksilber belastet ist.

Während die Umweltverbände am Mittwoch den Kabinettsbeschluss erneut scharf kritisierten und vor dem Kanzleramt protestierten, weil sie unter anderem eine Verunreinigung des Trinkwassers fürchten, plädierte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung für Gelassenheit. Das Gesetz stelle eine solide Grundlage dar, um festzustellen, "dass Fracking in Deutschland in der Zukunft keine Rolle spielen wird", sagte die Ökonomin Claudia Kemfert in Berlin. Die Potenziale in Europa seien gering, das Fracking-Verfahren teuer und es sei mit massiven Bürgerprotesten zu rechnen. Die Diskussion bezeichnete sie als "viel Lärm um nichts".

Auch Hendricks äußerte Zweifel.