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Worauf Patientinnen beim Frauenarzt achten sollten Nicht jede Zusatzleistung ist sinnvoll

Ultraschalluntersuchung, Krebsvorsorge, Test auf sexuell übertragbare
Krankheiten - über Zusatzleistungen beim Gynäkologen, die "IGeL", müssen
Patientinnen selbst entscheiden. Bei der Entscheidung, ob eine Leistung
für sie sinnvoll ist, sollten sie Nutzen und Risiken abwägen.

07.04.2015, 01:21

Berlin (dpa) l In der Praxis beim Gynäkologen angekommen, gibt es für Patientinnen oft gleich eine Liste von möglichen kostenpflichtigen Extras. Einige Untersuchungen etwa zur Krebsfrüherkennung oder Tests auf sexuell übertragbare Krankheiten übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nicht. Die individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) müssen Patientinnen selbst zahlen - und entscheiden, ob sie die Leistungen möchten.

l Nutzen und Risiken abwägen: Patientinnen sollten sich vorab informieren, was bei einer Untersuchung genau gemacht wird und welchen Nutzen die Untersuchung haben kann, rät Elisabeth Buchinger von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Auch wie gut die Methode geprüft ist, welche Risiken möglich sind und welche Folgen sich aus dem Ergebnis ergeben, sollten sie in ihre Entscheidung einbeziehen. Zum Beispiel bei der Ultraschalluntersuchung, der am häufigsten nachgefragten IGeL, werden laut Buchinger viele harmlose Befunde miterhoben. Das kann verunsichern und weitere Untersuchungen nach sich ziehen.

l Bedenkzeit nehmen: Generell rät Buchinger, sich nicht zu einer Untersuchung überreden zu lassen. "Es ist immer möglich, eine zweite Meinung von einem anderen Arzt einzuholen." Dringend sind IGeL nie.

l Schriftlichen Vertrag abschließen: Unbedingt sollte die Patientin vor der Behandlung nach den Kosten fragen und einen schriftlichen Behandlungsvertrag mit dem Arzt schließen, empfiehlt Buchinger. Die Kosten werden nach der Gebührenordnung für Ärzte berechnet, schwanken aber von Arzt zu Arzt.

l Weitere Hilfe bietet der IGeL-Monitor: Dort werden auf Grundlage wissenschaftlicher Studien Nutzen und Schaden von Selbstzahlerleistungen bewertet - ein Überblick:

l Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke: Frauen haben keinen Nutzen davon, wenn sie ihre Eierstöcke ohne konkreten Verdacht per Ultraschall untersuchen lassen, wie Christian Weymayr, Projektleiter des IGeL-Monitors vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), sagt. Dagegen kann der Schaden massiv sein: Frauen werden durch die Untersuchung fälschlicherweise als Krebspatientinnen behandelt. Laut einer Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe sollten auch Frauen mit erhöhtem Risiko keine Untersuchungen zur Früherkennung von Eierstockkrebs durchführen.

l Ultraschalluntersuchung der Brust: Für Frauen mit hoher Gewebedichte ist es nach Angaben von Christian Albring vom Berufsverband der Frauenärzte (BVF) sinnvoll, zusätzlich zur Mammografie eine Ultraschalluntersuchung machen zu lassen. Für Frauen mit durchschnittlicher Gewebedichte, die den Ultraschall außerhalb der Altersspanne des Mammografie-Programms oder zusätzlich zur Mammografie als eigenständige Früherkennungsmaßnahme einsetzen, kommt der IGeL-Monitor zu einem unklaren Ergebnis. Bei der Ultraschalluntersuchung würden zwar mehr Tumore gefunden, ein Teil davon müsste aber ohnehin nie behandelt werden, sagt Weymayr.

l ThinPrep-Test (Dünnschichtzytologie): "Der ThinPrep-Test wird vom Berufsverband der Frauenärzte nicht empfohlen, da er keine besseren Resultate zeigt als die konventionelle zytologische Untersuchung", sagt Albring. Zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs sei die Dünnschichtzytologie im Vergleich zum herkömmlichen Zellabstrich (Pap-Test) im Nutzen und Schaden gleich, sagt Weymayr. Der IGeL-Monitor bewertet denTest daher als unklar.

l HPV-Test: Der Test auf humane Papillomviren (HPV), die sexuell übertragen werden und von denen einige Virentypen zur Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beitragen können, habe für Frauen ohne auffälligen Krebsabstrich keinerlei Aussagekraft, sagt Albring. Zum einen könne durch einen negativen HPV-Test eine Erkrankung des Gebärmutterhalses nicht ausgeschlossen werden. Zum anderen würden mehr als 90 Prozent der Infektionen folgenlos ausheilen. Ein positiver Test könne aber etwas Fatales bewirken, sagt Albring: "Die Frau denkt, sie ist hochgradig krank."

l Chlamydien-Test: Frauen ab 25 Jahren, für die der Urin-Test eine IGeL ist, empfiehlt Albring den Chlamydien-Test, wenn sie wechselnde Sexualpartner haben. Da die Infektion keine Symptome auslöst, werde sie sonst in der Regel nicht entdeckt.

l Test auf sexuell übertragbare Infektionen: Tests auf HIV, Syphilis und Gonorrhoe (Tripper) seien ohne Krankheitssymptome außerhalb der Schwangerschaft dann sinnvoll, wenn ein Anlass anzunehmen ist, sagt Albring.

l Hormonanalysen wie Menopausen-Test und Hormonstatus: Hat die Patientin keine Beschwerden und mit keinen Veränderungen des Körpers wie Müdigkeit und sexueller Unlust zu kämpfen, sei ein Hormontest sinnlos, sagt Albring. Die Probleme, die durch einen solchen Test gefunden werden, seien nur behandlungsbedürftig, wenn die Patientin unter Beschwerden wie Blutungsstörungen und Hitzewallungen leidet.