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Magdeburger Bauplaner Für russische Träume rollt der Rubel

Flughafenterminals in Rostov und Krasnodar, ein Motorenwerk in Perm - das Planungsbüro Assmann erhält in Russland trotz der politischen Eiszeit lukrative Aufträge. Hinter dem Erfolg steckt Hans-Georg Graßhoff aus Magdeburg.

18.04.2015, 01:25

Magdeburg l Im Juni wird Hans-Georg Graßhoff 65, doch ans Aufhören denkt er nicht. "Ich habe gerade um zwei Jahre verlängert", erzählt der geschäftsführende Gesellschafter des internationalen Büros Assmann Beraten + Planen. Was den Magdeburger so an seinem Job reizt, sind die Projekte in Russland. Für 5,3 Millionen Euro plant er mit seinem Team einen kompletten Flughafen mit Terminal und Nebengebäuden in Krasnodar. Das Bauvorhaben kostet insgesamt 95 Millionen Euro. Für 12 Millionen Euro hat Graßhoff auch die Planung für ein Motorenwerk in Perm übernommen. Der Wert des Werks: 340 Millionen Euro.

Das Russland-Geschäft ist Graßhoffs Herzensangelegenheit, wie ein Blick auf seine Karriere deutlich macht: 1990 hat er bei Assmann angefangen und sich an die Spitze des Braunschweiger Unternehmens hochgearbeitet. Er gründete den Standort Magdeburg und begann 1998 von dort aus den russischen Markt zu erobern. Das gelang ihm so gut, dass Assmann eine russische Tochtergesellschaft in Moskau gründete, deren Generaldirektor er heute ist.

Kritik an Sanktionen des Westens

Krisen haben Graßhoff nie erschüttert, auch jetzt, in der politischen Eiszeit zwischen dem Reich Putins und dem Westen, bleibt er gelassen. "Als wir unser Russlandgeschäft 1998 aufgebaut haben, herrschte dort eine Finanzkrise. Mitbewerber erklärten uns damals für verrückt, in der Situation Geschäfte machen zu wollen." Doch das Wagnis glückte. "Die Russen haben unser Know-how schätzen gelernt." Dass das Planungsbüro trotz der aktuellen Krise weiter Aufträge erhält, liege an der "guten russischen Seele". "Wenn Du jemandem mal geholfen hast, lässt er Dich nicht im Stich", erklärt Graßhoff.

Obwohl die Sanktionen des Westens und die Gegenmaßnahmen Putins die Geschäfte seines Unternehmens nicht direkt berühren, ist er ein Gegner von Strafaktionen. "Sie bringen nichts", sagt er. Die EU hatte unter anderem den Zugang der russischen Staatsbanken zum europäischen Kapitalmarkt eingeschränkt. Putin wiederum erließ ein Importverbot für Agrarprodukte und Lebensmittel aus der EU. "In den Großstädten sind vielleicht manche sauer, weil Westprodukte fehlen, aber auf dem Land musste die Bevölkerung schon immer mit den eigenen Erzeugnissen auskommen", sagt Graßhoff. Der Russe sei leidensfähig, finde sich schnell mit seinem Schicksal ab.

Ein Erfolgsfaktor für das Planungsbüro ist aber auch Graßhoffs Draht zu den russischen Behörden. Vor der Krise erhielt das Büro viele Aufträge aus der Privatwirtschaft, unter anderem für Volkswagen in Kaluga und Siemens in St. Petersburg. Weil einige Unternehmen aber nun Investitionen aufgeschoben haben, bewirbt sich das Büro nicht mehr nur um private, sondern auch um staatliche Aufträge. Im vergangenen Jahr zählte der neue Flughafen in Rostov zu den Großprojekten, in diesem Jahr ist es der Flughafen in Krasnodar. "Russland hat einen enormen Aufholbedarf in der Infrastruktur", erklärt der Russland-Kenner. Für wichtige Projekte in diesem Bereich sei auch in Krisen-Zeiten genug Geld da.

Beamte in Moskau haben das Sagen

Dass Assmann öfters den Zuschlag erhält, macht er an mehreren Gründen fest: "Wir sind zwar teurer als manche Mitbewerber, halten aber, was wir versprechen." Der Preis für ein Bauprojekt werde nicht im Nachhinein noch nach oben geschraubt. "Außerdem sind wir unbestechlich, Projektgelder fließen bei uns nicht in die Hände Dritter." Das habe sich am russischen Markt herumgesprochen. Und nicht zuletzt sei das Know-how entscheidend.

Graßhoff und sein Team wissen nicht nur, wie große Gebäude konstruiert werden müssen. "Wir kennen uns auch mit den Genehmigungsbehörden und dem russischen Recht bestens aus", erklärt er. Wenn Firmen über den russischen Rechtsstaat mosern würden, dann häufig aus Unkenntnis, so sein Eindruck. "Es macht zum Beispiel keinen Sinn, einen russischen Gouverneur von einer Region um Genehmigungen zu bitten." Russland sei zentralistisch gegliedert, das Sagen hätten die Behörden in Moskau. Wer hingegen ein Projekt auf Basis der russischen Rechtsvorschriften plane, habe auch beste Chancen, zügig eine Baugenehmigung zu erhalten.

Ein Grund, weshalb Graßhoff die erste Assmann-Niederlassung in Russland in Moskau eröffnet hat. Inzwischen beschäftigt das Büro 100 Mitarbeiter in Russland, Graßhoff pendelt regelmäßig zwischen Magdeburg und Moskau. "Eine Woche bin ich hier, drei Wochen drüben." Geleitet werden die Projekte mal von Deutschland und mal von Russland aus.

Flugzeugmotorenwerk auf 35.000 Quadratmeter

Graßhoffs Mitarbeiter Karsten Schlögl betreut derzeit die Planungen für das Motorenwerk in Perm. "Das machen wir von Magdeburg aus, weil wir mit einer französischen Firma in diesem Fall zusammenarbeiten", erklärt Schlögl. Wenn das Projekt in die heiße Phase geht, müsse aber auch er öfters nach Russland reisen.

Das 340-Millionen-Werk wird gigantische Maße haben. "Für die Motoren-Produktion werden 35.0000 Quadratmeter bebaut", berichtet Schlögl. Das Werk soll einmal Motoren für das Mittelstreckenpassagierflugzeug MS-21 bauen. Der Flieger soll 2018 als Airbus- und Boeing-Konkurrenz auf den Markt kommen.

Läuft alles nach Plan, dann kann die Maschine an den neuen Terminals in Rostov und Krasnodar andocken. Die werden wohl unter Regie der Magdeburger Planer bis dahin fertiggestellt sein.