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Deep Purple in der Getec-Arena "In Magdeburg treffen wir Freunde"

15.05.2015, 01:14

Der Erfolg von Deep Purple ist mehr Glück als Können, sagt Sänger Ian Gillan im Volksstimme-Interview. Mit Reporterin Elisa Sowieja sprach er auch über Drogen, deutsche Freunde und seine Rückkehr zur Band nach zwei Rauswürfen.

Volksstimme: Als Sie "Smoke on the Water" zum ersten Mal im Proberaum angestimmt haben: Hätten Sie gedacht, dass dieses Lied noch mehr als 40 Jahre später an Musikschulen gespielt wird?
Ian Gillan: Ich hatte keine Ahnung. "Smoke on the Water" enthält zwar alle Elemente, die wir mit unseren ersten Songs vom Blues gelernt haben: simple Rhythmen, simple Akkorde, simple Texte. Die Bestandteile für einen Erfolgssong waren also da, aber wir haben das natürlich nicht realisiert.

Deep Purple sind eine der erfolgreichsten Rockbands der Welt und Mitbegründer einer ganzen Musikrichtung, des Hardrock. Wie oft machen Sie sich das bewusst?
Niemals, außer wenn ich Interviews gebe. Wir denken nicht darüber nach, wie andere uns beschreiben. Für uns ist es so wie im Jahr 1962: Es macht Spaß, unsere Musik zu spielen. Und wir sind dankbar, dass die Leute sie mögen. Wir haben einfach Glück, das hat nichts mit Können zu tun.

Sind Sie sich da sicher?
In jeder Musikgeneration ist es erstaunlich, was die Menschen mögen. Manchmal passt das einfach mit dem zusammen, was wir machen.

Von welcher heutigen Band meinen Sie, wird man Songs noch in 40 Jahren hören?
Ich beschäftige mich nicht mit heutigen Bands. Ich höre nur Jazz, Flamenco und Orchestermusik. Manchmal schalte ich das Radio ein, aber ich weiß nicht, was dort läuft. Mein Leben ist heute viel interessanter als im Kindesalter, als ich noch Helden hatte. Ich spreche mit Freunden, interessiere mich für Kunst und Politik.

Wie hat sich Ihr Tourleben seit den 60er Jahren verändert?
Musikalisch ist es dasselbe. Aber logistisch hat sich das Tourleben komplett verändert. Früher übernachteten wir in Bed-and-Breakfasts mit zwei bis drei anderen Typen im Raum. Jetzt habe ich mein eigenes Zimmer in einem netten Hotel. Damals sind wir mit unserem Equipment in einem Van gereist, beides ging ständig kaputt. Wir hatten niemanden, der beim Aufbau half, und wir haben uns die Hälfte der Zeit nur von Keksen ernährt.

Ein Ex-Bandmitglied, Tommy Bolin, ist an einer Überdosis Heroin gestorben. Welche Rolle spielten Drogen früher bei Deep Purple?
Ich kannte Tommy Bolin nicht. Er war Bandmitglied zu einer Zeit, als ich es gerade nicht war. Ich erinnere mich an keine Drogen bei Deep Purple. Bei uns gab es nur Bier, Whisky und Zigaretten. Meinen ersten Joint habe ich erst mit 38 Jahren geraucht.

Wie sah es mit Groupies aus?
Man spricht immer von Sex, Drugs and Rock`n`Roll. Ich komme aus einer Region, in der es hieß: Zigaretten, Whisky und wilde Frauen. Der Sex war dabei immer diskret.

Als Sie 1989 zum zweiten Mal entlassen wurden, schlossen Sie eine erneute Rückkehr zur Band aus. Wieso sind Sie 1992 doch wieder eingestiegen?
Ich hatte keine Alternative. Mein Manager sagte, wenn ich es nicht mache, würde er kündigen. Mir fiel es schwer, zur Band zurückzugehen. Aber ich hatte viele Freunde, die mich ermutigten. Die Wiedervereinigung verlief langsam, und nach einem guten Jahr verließ Ritchie Blackmore dann die Band, weil wir uns überworfen hatten. Inzwischen haben wir aber wieder Kontakt.

Dann mögen Sie sich heute?
Ritchie und ich haben mal zusammengewohnt - wie kann ich ihn da nicht mögen? Wir hatten nur einige Schwierigkeiten. Aber heute sind wir älter und weiser.

Deep Purple hatten in Deutschland sechs Nummer-1-Alben, in Ihrer Heimat England nur zwei. Wie erklären Sie sich das?
Ich weiß gar nicht, mit wie vielen Alben wir in den Charts waren. Wir haben immer nur Platten gemacht, weil wir neues Material für die Bühnenshows brauchten. Kommerziell haben wir keine Ahnung. Die hatten wir nie und werden wir nie haben. Eine PR-Agentur beschäftigen wir auch nicht. Wir spielen nur unsere Musik, und gelegentlich geben wir ein paar Interviews. Wir waren nie in Mode und versuchen, jede Art von Kommerzialität zu vermeiden. Denn schon damals haben wir realisiert: Wenn du in Mode bist, dann ist das zwar heute gut. Aber schon morgen kannst du abgeschrieben sein.

Sind Ihnen bei Ihren bisherigen Deutschlandkonzerten Besonderheiten beim Publikum aufgefallen?
Das Publikum kleidet sich nicht anders oder ruft lauter als anderswo. Trotzdem ist Deutschland besonders für uns. 1965 haben wir dort in mehreren Städten in Clubs gearbeitet. Wir hatten fünf Auftritte am Abend, am Wochenende sogar acht. Als wir um 2Uhr nachts Feierabend hatten, sind wir immer in den Bierkeller gegangen und haben getrunken: mit Türstehern, Tänzern, Prostituierten, Kellnern. Seitdem liebe ich Deutschland. Ich habe dort viele Freunde gefunden.

Werden Sie bei der Tour einige wiedertreffen?
Jeden Tag. Wir sehen immer alte Freunde bei unseren Shows, auch in Magdeburg. Erst heute Nachmittag habe ich jemanden getroffen, der für das Konzert dorthin fahren will.