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Bollwerk der Teilung Berlins Den Mauer-Spechten folgten die Bagger

Es ist paradox: Als die Mauer nach knapp drei Jahrzehnten verschwinden sollte, wurde schon wieder heftig darüber diskutiert, was von dem Bollwerk zur Mahnung und Erinnerung stehen bleiben sollte. Heute sind nur Abschnitte erhalten.

Von Steffen Honig 13.06.2015, 03:24

Berlin l Nur ein paar Monate dauerte es, dann waren die ehedem 155 km langen Grenzanlagen weggeräumt. Berlin und Deutschland hatten genug von der Mauer, die so viel Tränen und Blut gekostet hatte. "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört", hatte Willy Brandt postuliert - und zwar ohne Mauer. Errichtet worden war sie vom 13. August 1961 an, um den Sozialismus poststalinistischer Prägung in der DDR zu retten. Der Bau des "antifaschistischen Schutzwalls" beendete die Massenflucht aus der DDR.

Dafür mussten bis 1989 mindestens 136 Menschen an der Berliner Mauer sterben. Sie wurden von DDR-Soldaten erschossen oder ertranken in den Grenzanlagen beim Versuch, über Gewässer schwimmend in den Westteil der Stadt zu kommen. Acht DDR-Grenzer fanden in dieser Zeit den Tod.

Seit in der Nacht vom 10. zum 11. November nach der Öffnung der DDR-Grenzen die Menschen auf der Mauer feierten, hatte der Wall aus Beton und Stacheldraht seinen Sinn verloren. Eine neue Gattung von Andenkenjägern ward geboren: Die "Mauerspechte", die sich mit Hammer und Meißel ihr Stück der Befestigung sicherten - für die Ewigkeit oder um damit Geld zu machen.

Der offizielle Abriss der wacklig gewordenen Mauer begann am 13. Juni 1990 an einem symbolträchtigen Ort: der Bernauer Straße. Deren Häuser gehörten zum Osten, der Gehweg war schon Westen. Filmdokumente belegen die dramatischen Szenen, die sich hier nach dem Mauerbau abspielten. Menschen seilten sich ab oder sprangen aus den Fenstern - bis auch diese zugemauert waren. Doch ein 1,4 km langes Stück Mauer blieb stehen an der Bernauer Straße. Es ist heute die zentrale Gedenkstätte der deutschen Teilung im Herzen Berlins und damit einer der wenigen authentischen Erinnerungsorte an die Mauer-Zeiten.

Zu kultureller Berühmtheit hat es ein anderer Abschnitt des Walls direkt an der Spree gebracht - die East-Side-Gallery in Friedrichshain-Kreuzberg. Im Februar 1990 kamen die ersten Bilder an die Mauer in der Mühlenstraße. Insgesamt verewigten sich 118 Künstler aus 21 Ländern mit 106 Bildern. Bereits im Jahr darauf wurde die East-Side-Gallery, wie das Ensemble nun offiziell hieß, unter Denkmalschutz gestellt. Die Freiluft-Galerie entwickelte eine magische Anziehungskraft auf Touristen in aller Welt.