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Wie der Magdeburger CDU-Abgeordnete Tino Sorge seinen ersten Tag im Parlament erlebt "Einschulung" im Bundestag

Von Steffen Honig 23.10.2013, 03:07

Der 18. Deutsche Bundestag hat sich am Dienstag in Berlin konstituiert. Aus Sachsen-Anhalt sind 19 Abgeordnete dabei, erstmals auch Tino Sorge aus Magdeburg.

Berlin l Im Deutschen Bundestag herrscht bei dessen Konstituierung am Dienstag eine Art Einschulungsatmosphäre: Mehr als ein Drittel der Abgeordneten übt zum ersten Mal ein Mandat aus. Zu den "Neuen" gehört der Jurist Tino Sorge (38), der den Wahlkreis Magdeburg/Schönebeck direkt für die CDU gewonnen hatte. Sorge lebt derzeit in Berlin mit Provisorien. Das Büro ist ein vorübergehender Arbeitsplatz im Bundestagsgebäude Unter den Linden, das er sich mit seinen Kollegem Kees de Vries teilt. Eine Wohnung sucht er noch, derzeit pendelt er zwischen Magdeburg und Berlin oder übernachtet im Hotel.

Vor der Bundestags-Konstituierung ist noch eine Fraktionssitzung angesetzt, dann geht es für Sorge ins Plenum. Auch sein Platz im Saal ist noch ein Provisorium. "Ich habe mir was in unserem Bereich neben der CSU gesucht", sagt der Bundestags-Neuling. "Direkt vorm Bundesadler", fügt er stolz hinzu. "Ich bin ein Wendekind, habe als Schüler den Bundestag besucht. Es ist ein Wahnsinnsgefühl, jetzt hier selbst mit entscheiden zu können."

Am ersten Sitzungstag der 18. Wahlperiode geht es mit Präsidiumswahlen und Geschäftsordnungsabstimmung aber eher getragen zu. Doch nicht ohne Unterhaltungswert. Alterspäsident Heinz Riesenhuber (77, CDU) trägt ihn in den Saal, als er anmerkt, dass das "Ansehen des Bundestages noch nicht oberhalb der Bischöfe" liege.

Tino Sorge stört sich an dieser Anspielung auf den Bischofs-Skandal von Limburg nicht: "Sicher ist es ein zweischneidiges Schwert. Ich finde es aber gut, wenn zugespitzt wird."

Norbert Lammert, mit großer Mehrheit neugewählter Bundestagspräsident, hat für alte und neue Abgeordnete gleich ein paar "Hausaufgaben" parat. Zur von Linken und Grünen entfachten Debatte über Oppositionsrechte im Parlament erklärt der CDU-Politiker: "Minderheiten haben eigene Rechtsansprüche." Gleichzeitig sagt er aber auch: "Klare Mehrheiten sind nicht verfassungswidrig."

Lammert mahnt an, eine "neue Balance" zwischen Beratungsgegenständen im Parlament und der entsprechenden Zeit zu finden. 15 000 Drucksachen aus der vergangenen Legislaturperiode seien "ein zweifelhafter Rekord an Initiativen". Entweder die Zahl der Sitzungswochen müsse erhöht werden, so der Bundestagspräsident, oder es müsse mehr Disziplin im Hause einziehen.

In der Zusammensetzung des Parlaments hat sich bereits einiges geändert: Lammert nennt neben den 230 Neulingen, unter ihnen auch sieben aus Sachsen-Anhalt, den vergrößerten Frauenanteil und die Tatsache, dass der Anteil an Abgeordneten mit Einwanderungshintergrund einen neuen Höchststand erreicht habe.

Auch sein Verständnis von parlamentarischer Arbeit macht Lammert deutlich: "Niemand darf ernsthaft annehmen, dass der Bundestag seine Aufgabe erst nach den Koalitionsverhandlungen aufnehmen wird", sagte er klar in Richtung der vor ihm sitzenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Der Theorie folgt die praktische Lehrstunde: Weil Union und SPD für sich zusätzliche Stellvertreter-Posten im Bundestagspräsidium reklamiert hatten, wurde die Zahl der Vize-Posten vor der Wahl zum Gegenstand einer kontroversen Debatte zwischen den möglichen schwarz-roten Regierungspartnern und der Opposition.

Ein Bierchen mit dem Magdeburger Kollegen

Während Petra Sitte (Linke) keinerlei Veranlassung für ein vergrößertes Präsidium sieht, findet Thomas Oppermann (SPD) ein siebenköpfiges Präsidium nicht zu groß. Mit der erdrückenden Mehrheit von Union und SPD werden schließlich Johannes Singhammer (CSU), Peter Hintze (CDU), Ulla Schmidt und Edelgard Bulmahn (beide SPD) sowie Petra Pau (Linke) und Claudia Roth (Grüne) zu Parlaments-Vizes gewählt.

Neuling Sorge haben an seinem ersten Parlamentstag besonders die kurzweiligen Reden von Alterspräsident und Präsident beeindruckt. Riesenhubers Rat, sich mit Vertretern anderer Fraktionen mal zum Bier zu treffen, will er gern befolgen. Da fällt ihm gleich Burkhard Lischka, sein Magdeburger Kollege von der SPD, ein. Meinung