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Brandenburg durchleuchtet Nachwendezeit Abschied von der "kleinen DDR"

31.03.2014, 01:24

Fast vier Jahre lang haben Politiker und Wissenschaftler in einer Kommission des Brandenburger Landtags gestritten: über die Stasi-Vergangenheit von Abgeordneten und Spitzenbeamten, den Umgang mit politisch Verfolgten nach der Wende und die Vermittlung der DDR-Vergangenheit im Schulunterricht.

Der unter dem damaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) in den 1990er Jahren geprägte Ruf Brandenburgs als "Kleine DDR" schwebte all die Jahre über den Diskussionen. Nun haben die Kontrahenten ihren Abschlussbericht an den Landtag übergeben - einmütig vor lauter Erschöpfung womöglich. Denn die Bewertung fällt kontrovers aus.

An diesem Mittwoch will der Landtag den Bericht diskutieren. Einige Formulierungen seien sehr weichgespült, sagt die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg. So ist in Bezug auf die Aussetzung der Stasi-Überprüfungen in Brandenburg von 1994 an nicht von "Versäumnissen", sondern von "Lücken" die Rede. Laut Gutachten wurden die Überprüfungen in den ersten vier Jahren nicht systematisch durchgeführt und dann eingestellt. Eine Stasi-Beauftragte wurde erst 2010 benannt.

Letzte Prüfung auf Stasitätigkeit

Für das Ziel gemeinsamer Empfehlungen zum Aufräumen mit der Vergangenheit nahmen die Fraktionen die Glättungen im Abschlusstext in Kauf. Sie sehen vor, dass alle Abgeordneten sowie Spitzenbeamte in der Landespolitik und Justiz letztmalig auf Stasi-Tätigkeit überprüft werden. Politisch Verfolgte sollen rechtlich gestärkt und über einen Härtefallfonds entschädigt werden. "Erstmals stand die Sichtweise der Opfer im Mittelpunkt, vorher standen die Täter im Fokus", sagt die CDU-Abgeordnete Beate Blechinger. Und schließlich sollen die Folgen der SED-Diktatur im Schulunterricht intensiv behandelt werden.

Erstmals Sichtweise der Opfer im Mittelpunkt

Die Auseinandersetzung mit den Folgen der DDR-Vergangenheit wurde von der SPD und den schwarz-roten Koalitionsregierungen vermieden", meint Grünen-Fraktionschef Axel Vogel, der die Kommission mit angestoßen hat. Die Folgen seien noch spürbar. "Es ist für Bürger schwer erträglich, wenn sie auf der Polizeiwache oder im Landratsamt dieselben Beamten treffen, die ihnen schon vor der Wende das Leben schwergemacht haben." Aus Sicht von Peer Jürgens (Linke) waren die Anfänge der Kommissionsarbeit turbulent, weil die Opposition gegen die 2009 gebildete rot-rote Landesregierung als neue rote Front polemisieren wollte. Die politischen Gräben werden aus Sicht des SPD-Abgeordneten Andreas Kuhnert durch weitere Stasi-Überprüfungen nur tiefer. "Die Spaltung Deutschlands bleibt, wenn es immer wieder heißt, euch müssen wir überprüfen", meint der Pfarrer. "In Sonntagsreden werden wir für unsere friedliche Revolution gefeiert - und dann sind wir wieder generalverdächtig." (dpa)

Lesens und erlebenswert: www.volksstimme.de/stasiarchiv und www.volksstimme.de/ddrwohn