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BundesverfassungsgerichtBundespräsident darf Rechtsextreme "Spinner" nennen

11.06.2014, 01:24

Karlsruhe (dpa) l Bundespräsident Joachim Gauck darf nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Rechtsextremisten "Spinner" nennen. Das Karlsruher Gericht wies am Dienstag eine Klage der NPD ab, mit der die rechtsextreme Partei gegen entsprechende Äußerungen des Staatsoberhauptes vor Schülern vorgegangen war.

Gauck hat mit der Äußerung demzufolge nicht das Neutralitätsgebot überschritten, hieß es. Der Bundespräsident hatte Ende August 2013 - und damit kurz vor der Bundestagswahl in Berlin - mit der Formulierung Proteste gegen die NPD begrüßt.

Gauck habe mit der Bezeichnung "Spinner" zwar ein negatives Werturteil abgegeben, das für sich genommen durchaus als diffamierend empfunden werden könne, urteilten die Richter. Im Zusammenhang gesehen sei die Wortwahl aber nicht zu beanstanden. "Spinner" stehe hier für Menschen, "die die Geschichte nicht verstanden haben und, unbeeindruckt von den verheerenden Folgen des Nationalsozialismus, rechtsradikale - nationalistische und antidemokratische, Überzeugungen vertreten".

Die Zuspitzung habe den Schülern verdeutlichen sollen, dass diese Ideologien keinen Erfolg hätten, wenn die Bürger den Anhängern "ihre Grenzen aufweisen".

Der Bundespräsident reagierte im August 2013 auf wochenlange, von der NPD unterstützte ausländerfeindliche Proteste gegen ein Asylbewerberheim in Berlin und unterstützte die Gegendemonstranten. Vor rund 400 Schülern in Berlin sagte der ehemalige DDR-Bürgerrechtler: "Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen, die den Spinnern ihre Grenzen aufweisen. Und dazu sind Sie alle aufgefordert."

Wie der Bundespräsident seine Aufgaben wahrnehme, entscheide er grundsätzlich selbst, urteilten die Richter weiter. Er müsse dabei die Verfassung und andere Gesetze beachten und dürfe nicht willkürlich Partei ergreifen. Letzteres liege hier nicht vor.

Die NPD nannte die Entscheidung "grotesk". Das Verfassungsgericht erlaube dem Bundespräsidenten, Bürger in Klassen einzuteilen, hieß es in einer Mitteilung der Partei.

In einem weiteren Urteil wies das Bundesverfassungsgericht Klagen der NPD gegen die Bundespräsidentenwahlen von 2009 und 2010 ab. Die Wiederwahl von Horst Köhler 2009 sowie die Wahl von Christian Wulff 2010 seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, urteilte das Gericht.

Die Richter wiesen die Klagen des NPD-Vorsitzenden Udo Pastörs gegen das Wahlverfahren ab. Seine Rechte seien nicht verletzt, hieß es. Pastörs war beide Male Mitglied der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt. Der NPD-Chef wandte sich vor allem dagegen, dass keine mündlichen Aussprachen erlaubt wurden. Seinen Klagen hatten sich auch zwei NPD-Landtagsabgeordnete angeschlossen.

Die Richter entschieden, die Mitglieder der Bundesversammlung hätten nicht die Rechte von Bundestagsabgeordneten. Das Grundgesetz sehe die Wahl des Staatsoberhauptes "ohne Aussprache" vor. Meinung