1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Massive Kritik am Gesetz gegen "Armutsmigration"

Bundesregierung beschließt Sanktionen gegen Sozialmissbrauch von Zuwanderern aus EU-Staaten / Opposition bestreitet das Problem Massive Kritik am Gesetz gegen "Armutsmigration"

28.08.2014, 01:20

Berlin (dpa) l Einreisesperren, Fristen für Arbeitsuchende und mehr Geld für Kommunen - mit diesem Katalog will die Bundesregierung Probleme durch "Armutsmigration" aus der EU eindämmen. Nach mehr als einem halben Jahr Debatte verabschiedete das Kabinett am Mittwoch einen entsprechenden Regierungsbericht und brachte ein Gesetzespaket auf den Weg. Die CSU hatte die Debatte mit dem Slogan "Wer betrügt, der fliegt" losgetreten.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) betonten rechtliche Grenzen von Sanktionen. Zuwanderung auch aus Bulgarien oder Rumänien sei zudem durchaus gut für das Land. Das Motto ist laut de Maizière: "Freizügigkeit ja, Hilfen bei negativen Folgen der Freizügigkeit ja, Missbrauch nein." Seit der vollen Freizügigkeit für bulgarische und rumänische Arbeitnehmer in die EU zu Anfang des Jahres stieg die Zuwanderung stark an.

EU-Zuwanderern soll etwa im Fall von Betrug befristet die Wiedereinreise verboten werden. Das Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche soll zudem auf sechs Monate beschränkt werden - außer bei konkreter Aussicht auf Erfolg. De Maizière räumte ein, Betroffene verließen das Land oft nicht. Oder sie kämen über die offenen Schengen-Grenzen erneut. Doch bekämen sie dann etwa keine Sozialleistungen.

Verhindert werden soll mehrfacher Bezug von Kindergeld. Dafür soll vorgeschrieben werden, dass Steueridentifikationsnummern genannt werden. Rechtlich geprüft werden soll laut de Maizière, ob sich das Kindergeld zum Beispiel bei bulgarischen Eltern in Deutschland mit Kindern in ihrer Heimat am bulgarischem Niveau orientieren kann.

Geld für betroffene Städte

Bestraft werden soll, wer eine Aufenthaltsbescheinigung durch falsche Angaben erschleicht. Grassierende Ausbeutung von EU-Zuwanderern, Schwarzarbeit und Scheinselbstständigkeit soll etwa durch effizientere Zusammenarbeit der Behörden bekämpft werden. "Es gibt in bestimmten Städten etwas, was dort Arbeitsstrich genannt wird", sagte de Maizière. Für ein, zwei Euro müssten Betroffene arbeiten - "alles schwarz, alles illegal". Auch teure Vermietungen völlig verwahrloster Behausungen müssten eingedämmt werden.

Für die Kommunen mit immer zahlreicheren Sozialleistungsbeziehern aus Rumänien und Bulgarien sollen zudem noch mehr Hilfsgelder fließen als ohnehin bereits geplant. So sollen diese Kommunen für das laufende Jahr 25 Millionen Euro mehr für die Unterkunft bei "Hartz-IV-Beziehern" bekommen, rund 10 Millionen mehr für Gesundheitsleistungen wie Impfstoffe, 40 Millionen für zusätzliche Integrationskurse. Insgesamt sollen sich verschiedene Gelder aus EU-Töpfen und vom Bund auf bis zu 250 Millionen Euro in den kommenden Jahren summieren. Betroffen sind etwa Duisburg, Frankfurt/Main, München, Offenbach. Die Verteilung des Geldes muss noch geklärt werden.

Der Grünen-Sozialexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn: "Die Regierung sollte endlich aufhören, Probleme zu bekämpfen, die es nicht gibt." Unklar bleibe, was de Maizière gegen Ausbeutung von Zuwandernden plane. Katina Schubert von den Linken warf der Regierung Stigmatisierung von Einwanderern vor. Die Diakonie betonte, Missbrauchsfälle seien die Ausnahme. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warf der Regierung Populismus vor.