1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Stahlknecht fordert Kanada-Modell

Innenminister plädiert bei Kirchengepräch für ein Einbürgerungsgesetz in Deutschland Stahlknecht fordert Kanada-Modell

Bei der Premiere des Magdeburger Ökumenischen Neujahrsgespräches am Mitwoch geht es thematisch in die Vollen: Angesichts wachsender Zuwandererzahlen wird eutsche Willkommenskultur kontrovers diskutiert. Dabei mahnt Sachsen-Anhalts Innenminister, Vorbehalte in der Bevölkerung ernst zu nehmen.

Von Steffen Honig 05.12.2014, 02:20

Magdeburg | Bei den Begrifflichkeiten fangen die Schwierigkeiten im Umgang mit der Zuwanderung an: Magdeburgs katholischer Bischof Gerhard Feige findet, dass der Ausdruck "Wirtschaftsflüchtlinge" die Atmosphäre vergiftet. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht teilt die Einwanderer hingegen a priori in zwei Kategorien ein: in Bedürftige und eben Wirtschaftsflüchtlinge. Letztere will er nicht im Lande haben und dafür einen Filter einbauen. "Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz", fordert der CDU-Politiker. Das soll sich seiner Meinung nach am "Erfolgsmodell Kanada" orientieren. Um in den nordamerikanischen Staat einzuwandern, müssen Bewerber erst nachweisen, dass sie dafür qualifiziert sind - sprich gebraucht werden.

Stahlknecht ist zwar eifriger Verfechter der Willkommenskultur in Sachsen-Anhalt. Doch befürchtet er, dass die Bürger bei wachsenden Zuwanderer- und Flüchtlingszahlen überfordert würden. "Wenn die Stimmung kippt, dann kippt sie richtig", ist der Minister überzeugt. Er gibt zu: "Wir haben zu spät begonnen, uns dieser Herausforderung zu stellen."

Geschichtsprofessor Thomas Großbölting, früher in Magdeburg, jetzt in Münster tätig, meint, dass terroristische Akte für die islamfeindlichen Tendenzen in Deutschland entscheidend seien. "Die Spitze des Eisberges ist Degida", erklärt Großbölting, jene Initiative also, die neuerdings in Dresden Tausende zu Montagsdemons-trationen bewegt.

Der Wissenschaftler verweist aber auch auf die Prägung Mitteldeutschlands durch Zuwanderer seit Jahrhunderten. Zuletzt waren es die Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten, die integriert werden mussten und das letztlich auch wurden. Dies habe 25 Prozent Mehrbevölkerung ausgemacht, so Großbölting.

Ilse Junkermann, evangelische Landesbischöfin, beschreibt die Hilfen, die Migranten durch kirchliche Einrichtungen gewährt werden - von der Unterbringung oder Rechtsfragen. Eine halbe Million Euro habe die evangelische Kirche Mitteldeutschland zudem für die Flküchtlingshilfe in den Anrainerstaaten des Krisenlandes Syrien bereitgestellt.

Auch unter Christen gebe es Vorbehalte gegen Zuwanderer, stellt die Bischöfin fest, meint jedoch: "In den vergangenen zwei Jahren hat sich etwas geändert, es gibt eine größere Weltoffenheit."

Caritas-Vertreterin Katrin Gerdsmeier würdigt, dass Deutschland mehr als andere EU-Staaten bereit sei, Flüchtlinge aufzunehmen. Zudem lobt sie die "Solidarität und Hilfsbereitschaft" der Bevölkerung. Positiv bewertet sie die Beschlüsse des Bundeskabinetts zum Bleiberecht für rund 100000 bisher nur geduldete Ausländer und zum besseren Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylbewerber.

"Wir denken, dass Flüchtlinge in die Mitte der Gesllschaft gehören", sagt Gerdsmeier. Bischof Feige versucht zu ergründen, warum das oft nicht so ist. Er meint, dass sich die Mentalität ändern müsse, um den Fremden offen zu begegnen. Denn zu DDR-Zeiten habe gar nicht die Absicht bestanden, die damaligen Vertragsarbeiter aus Vietnam und Mozambik oder die russischen Soldaten zu integrieren: "Da gibt es eine Mauer in den Köpfen. Wir müssen mehr auf diese Menschen zugehen - sie bereichern uns."