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Stefan Raab soll den Grand Prix retten – und hat sich eine witzige Fernsehshow ausgedacht "Unser Star für Oslo": So macht Casting richtig Spaß

02.03.2010, 05:26

Z: Magdeburg ZS: MD PZ: Magdeburg PZS: MD Prio: höchste Priorität IssueDate: 01.03.2010 23:00:00
Von Georg Kern

Mit den Castingshows im deutschen Fernsehen ist das ja bekanntlich so eine Sache. Da werden "Superstars" und "Top Models" hervorgebracht, die hinterher kaum einen interessieren. Geradezu Hoffnung macht da Stefan Raabs Castingshow "Unser Star für Oslo", die derzeit Dienstagsabends auf Prosieben läuft.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sorgen sich mal wieder um ihren Eurovision Song Contest, von dem das Publikum seit Jahren immer weniger Notiz nimmt – und haben Raab beauftragt, die Show zu retten. Mehrfach schon verschaffte er dem Wettbewerb neue Aufmerksamkeit: Beim ersten Mal schrieb er den Song "Guildo hat euch lieb!", mit dem die Kölner Ulknudel Guildo Horn 1998 immerhin den siebten Platz belegte. 2000 nahm Raab selbst teil – mit der Nonsens-Nummer "Wadde hadde dudde da?", die sogar den fünften Platz schaffte.

Diesmal hat sich Raab eine Castingshow ausgedacht – ein derzeit bekanntlich sehr beliebtes TV-Format. Prompt meldete sich Konkurrent Dieter Bohlen von "Deutschland sucht den Superstar" zu Wort und lästerte: Der Raab könne ja nur abkupfern. Nee, nee, so einfach ist das nicht. Raab hat mit "Unser Star für Oslo" (wo im Mai der nächste Grand Prix stattfindet) eine sehr eigenwillige Show geschaffen, die selbst jenen gefallen könnte, die sonst nicht besonders von der Castingwelle begeistert sind.

Das beginnt schon mit der dreiköpfigen Jury. Sie ist, bis auf Raab selbst, anders als bei der Bohlen-Show jedesmal unterschiedlich besetzt – mit bekannten Popkünstlern nämlich wie Nena oder Westernhagen. Das bringt den netten Nebeneffekt, dass man ein bisschen mehr über die Promis erfährt. Besonders amüsant war der Auftritt von "König Boris" von der Hip-Hop-Gruppe "Fettes Brot".

Der machte in der Sendung gar kein Hehl daraus, dass er Castingshows eigentlich doof findet. "Ich wurde heute Castingshow-mäßig ja sozusagen entjungfert", bilanzierte er am Ende der Show. Er müsse aber einräumen, dass er vom Potenzial der Kandidaten ziemlich überrascht sei.

Womit die große Stärke der Raab-Sendung genannt wäre: Schon nach der ersten Show war klar, dass offenbar Individualisten gesucht sind, die eher nicht ins gängige Popschema passen. Im Gegenteil: Der größte Sonnyboy der Sendung, Cyril Krueger, flog beim letzten Mal sogar raus. Donnerwetter! Raab zieht offenbar ein völlig anderes Publikum an als Bohlen.

Stattdessen bietet "Unser Star für Oslo" Kandidaten wie den 20-jährigen Christian Durstewitz, der unrasiert und mit "Jimi-Hendrix-Gedächtnisfrisur" (Raab) das Publikum begeistert oder Lena Meyer-Landrut, die im astreinen "british English" (Leistungskurs!) Songs singt, die kein Mensch kennt.

Raab lässt seinen Kandidaten Platz zur Entfaltung. Ihre Lieder suchen sie selbst aus, Durstewitz und die charmante Halbägypterin Sharyhan Osman (mein heißer Tipp für Oslo) boten sogar schon selbstgeschriebene Songs dar. Ganz schön mutig.

Ob’s am Ende aber reicht für eine gute Platzierung in Oslo? Wer weiß das schon? Und ist das wirklich wichtig? Am Ende ist "Unser Star für Oslo" wahrscheinlich doch nur eine weitere lebensverlängernde Maßnahme für einen sterbenden Wettbewerb. Zu oft schon wurde das Publikum mit dämlichen Nummern abgespeist – man denke nur an den peinlichen Auftritt der "No Angels" 2008 (letzter Platz).

In diesem Jahr dürfte die Raab-Sendung dem Grand Prix aber neue Aufmerksamkeit sichern. Zurecht, denn selbst wenn’s nicht für eine vordere Platzierung reicht: Sympathisch wird der deutsche Beitrag mit Sicherheit werden.