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Werner Herzog Chef der Berlinale-Jury

15.02.2010, 11:50

Z: Magdeburg ZS: MD PZ: Magdeburg PZS: MD Prio: höchste Priorität IssueDate: 14.02.2010 23:00:00
Von Peter Claus

Er ist einer der wenigen deutschen Weltstars. Das "Time Magazin" wählte Werner Herzog 2009 zu einer der 100 einflussreichsten Personen weltweit. In Deutschland war es in den vergangenen Jahren still um ihn, jetzt meldet sich der 67 Jahre alte Regisseur ("Fitzcarraldo", "Mein liebster Feind") in seiner Heimat zurück. Herzog ist der Jury-Vorsitzende der 60. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Damit steht dem Gremium, das über die Vergabe der Silbernen und Goldenen Bären entscheidet, ein im besten Sinn eigensinniger Künstler vor.

Mit der Berlinale ist Herzogs Karriere eng verbunden. 1968 erhielt er für "Lebenszeichen" den Silbernen Bär für den besten Erstlingsfilm. Sein bisher letzter Berlinale-Auftritt war 1992. Er zeigte seine Kuwait-Dokumentation "Lektionen in Finsternis". Dafür wurde er vom Publikum wild beschimpft, sogar angespuckt. Ihm wurde vorgeworfen, den Golfkrieg zu ästhetisieren. "Ein Erlebnis, das ich nicht missen will", sagte Herzog dazu später.

Der 1942 in München geborene Filmregisseur und Produzent, Opernregisseur, Autor und Schauspieler gilt international als einer der wichtigsten Vertreter des Neuen Deutschen Films der Bundesrepublik der 60er und 70er Jahre. Der unter dem Namen Werner H. Stipetic als Sohn einer kroatischen Mutter und eines deutschen Vaters geborene Künstler gehört zu den bekanntesten Protagonisten des Autorenkinos – neben Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders, Werner Schroeter und Margarethe von Trotta.

Nach dem Studium der Geschichte, Literatur- und Theaterwissenschaften in München veröffentlichte er 1962 seinen ersten zwölfminütigen Kurzfilm: "Herakles" wies ihn als großes Talent aus. Das damit gegebene künstlerische Versprechen löste er mit seinen folgenden Spielfilmen nachhaltig ein. Filmtitel wie "Auch Zwerge haben klein angefangen", "Jeder für sich und Gott gegen alle" oder "Wo die grünen Ameisen träumen" wurden für manche zum geflügelten Wort.

Am bekanntesten sind wohl jene fünf Spielfilme, die er mit Schauspielstar Klaus Kinski (1926-1991) drehte. Die Horror-Hommage "Nosferatu – Phantom der Nacht" und die Büchner-Adaption "Woyzeck" markierten 1979 den Höhepunkt der Zusammenarbeit der Zwei. Wie in diesen Filmen hat sich Herzog nie von gängigen Moden beeinflussen lassen. Er ist stets seinem Stil strenger Inszenierung und Bildkomposition treu geblieben.

Seit Mitte der 80er Jahre machte Herzog durch Operninszenierungen und Dokumentarfilme auf sich aufmerksam. Beim Internationalen Filmfestival von Venedig war er 2009 als Regisseur mit dem in den USA realisierten Thriller "Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen" dabei. Der spröde, sozialkritische Krimi mit Nicolas Cage in der Hauptrolle läuft am 25. Februar in den deutschen Kinos an.

Herzog ist seit 2006 in dritter Ehe verheiratet und lebt seit 1996 in den USA. Zur Übernahme des Vorsitzes der Berlinale-Jury musste er überredet werden. In einem Interview sagte er dazu: "Man darf Festivals nicht überschätzen, die haben keine wirkliche Bedeutung. Ich meine damit alle, ob Cannes, Venedig, Berlin oder Ouagadougou in Burkina Faso. Denn es gibt zu viele davon, heute sind es über 3000 pro Jahr, und im gleichen Zeitraum finden sich nur drei wirklich gute Filme." Die Jury der Filmfestspiele vergibt ihre Preise am kommenden Sonnabend. (dpa)