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EU-Staats- und Regierungschefs beraten über gemeinsame Wirtschaftsstrategie Kann die EU Schuldensünder Griechenland helfen?

11.02.2010, 05:16

Z: Magdeburg ZS: MD PZ: Magdeburg PZS: MD Prio: höchste Priorität IssueDate: 10.02.2010 23:00:00


Bei ihrem Gipfeltreffen beraten die EU-Staats- und Regierungschefs heute in Brüssel auch über Europas künftige gemeinsame Wirtschaftsstrategie. Darin soll festgelegt werden, wie die 27 Mitgliedstaaten zusammenarbeiten wollen, um Europa angesichts starker Konkurrenz durch Wirtschaftsgiganten wie China oder den USA wettbewerbsfähiger zu machen. Das Problem: In Bereichen wie der Steuergesetzgebung oder dem Arbeitsrecht haben vor allem die Mitgliedstaaten das Sagen. Umso mehr liegt der Fokus auf EU-Ebene auf den Bereichen Forschung oder Klimatechnologie.

Außerden werden die EU-Staats- und Regierungschefs über Auswege aus der Schuldenkrise beraten. Besonders Griechenlands leere Staatskassen belasten den Euro und verunsichern die Finanzmärkte. Während in Griechenland die Staatsbediensteten gegen das Sparprogramm ihrer Regierung streiken, wird in Hauptstädten von Euro-Ländern über mögliche Hilfen für Athen gesprochen.

Wie schlecht steht es um Athens Haushalt?

Die Griechen haben in den vergangenen Jahren immer wieder gegen den Euro-Stabilitätspakt verstoßen. Mit geschönten Zahlen schafften sie es 2001 in die Währungsunion. Mit 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) lag die Neuverschuldung 2009 mehr als viermal so hoch wie die erlaubten 3 Prozent. Die Gesamtschuldenlast liegt bei rund 300 Milliarden Euro. Griechenland trägt nur drei Prozent zur Wirtschaftsleistung der Eurozone bei.

Welche Soforthilfe ist möglich?

Laut EU-Vertrag müssen Euro-Länder nicht untereinander für andere einspringen. Die sogenannte No-Bailout-Klausel (in etwa: Keine-Rettungsaktion-Klausel) legt fest, dass ein Land, das den Euro eingeführt hat, nicht für Verbindlichkeiten und Schulden anderer Partner haften oder aufkommen muss.

Der Europäischen Zentralbank (EZB) ist es sogar untersagt, Euro-Staaten direkt Kredite zu gewähren. Daher loten die Euro-Länder, darunter Deutschland, dem Vernehmen nach andere Möglichkeiten aus. Einzelne Länder wie Deutschland oder Frankreich könnten beispielsweise bilaterale Kredite zur Verfügung stellen.

Selbst die Einführung eines Europäischen Währungsfonds soll im Gespräch sein. Denkbar sind auch Garantien für griechische Staatsanleihen oder eine gemeinsame europäische Anleihe. Athen muss derzeit neue Staatsanleihen zu immer schlechteren Konditionen platzieren, um seine Zinsen bezahlen zu können. Auch die EZB oder nationale Notenbanken könnten Anleihen aus Griechenland kaufen.

Die No-Bailout-Klausel muss kein Hinderungsgrund für Hilfen sein. Unter Krisenbedingungen kann die EU Beistand gewähren. Die EU-Kommission hat eine Notfall-Kreditlinie von 50 Milliarden Euro, die aber nur EU-Staaten außerhalb der Eurozone zugutekommt. Es profitierten bereits Ungarn mit 6,5 Milliarden Euro, Lettland mit 3,1 Milliarden Euro und Rumänien mit 5 Milliarden Euro.

Was tun Griechenland und die EU bislang?

Brüssel setzt auf eine beispiellose Überwachung der griechischen Haushaltspolitik. Anfang Februar setzte die Kommission eine Frist von vier Monaten, binnen derer wichtige Fortschritte beim Sparen und bei Reformen gemacht werden müssen. Athen hat bis 2012 Zeit, sein Defizit wieder in den Griff zu bekommen. Das Sparprogramm sieht vor, Gehälter im öffentlichen Dienst zu kürzen, einen Einstellungsstopp zu verhängen sowie das Gesundheits- und das Rentensystem zu reformieren.

Kann das Programm umgesetzt werden?

Finanzexperten sind skeptisch. In Griechenland wird für die kommenden Monate mit harten sozialen Auseinandersetzungen gerechnet – es streiken bereits die Staatsbediensteten.

Wer könnte noch aushelfen?

Ein Notkredit durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) ist ebenfalls möglich –was aber unter anderem Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und andere EU-Amtskollegen ablehnen. Der IWF würde seine Hilfe an strenge Konditionen knüpfen.

Bedroht Griechenland die Währungsunion?

Die Athener Schuldenkrise ist die bisher größte Belastungsprobe für die seit 1999 existierende Eurozone mit 16 Ländern. Es gibt keinen Mechanismus, ein Land aus dem Eurogebiet auszuschließen. Es müsste im schlimmsten Fall die EU verlassen. Experten halten dieses Szenario für höchst unwahrscheinlich. Griechenland ist ein wichtiger Empfänger milliardenschwerer EU-Fördergelder. Aus dem Topf für ärmere Regionen flossen 2008 allein 4,7 Milliarden Euro. (dpa)