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Thilo Sarrazin Zum Karriereende im Abseits

12.02.2010, 05:16

Z: Magdeburg ZS: MD PZ: Magdeburg PZS: MD Prio: höchste Priorität IssueDate: 11.02.2010 23:00:00
Von Kirsten Baukhage

Es wird ungewöhnlich still sein um den Jubilar. Thilo Sarrazin, der heute 65 Jahre alt wird, ist in einen Urlaub entschwunden. Der Bundesbank-Vorstand und frühere Berliner SPD-Finanzsenator hat in seiner ganzen Laufbahn oft provoziert. Knallhart zog der promovierte Volkswirt als Finanzsenator einen rigiden Sparkurs in dem hoch verschuldeten Berlin durch. So verhalf er dem Land 2007 und 2008 zu den ersten ausgeglichenen Haushalten seit 1949.

Die Trägheit und Anspruchshaltung mancher Hartz-IV-Empfänger wurde sein liebstes Feindbild. 2008 ließ er im Detail ausrechnen, dass man sich vom Hartz-IV-Tagessatz für Essen – vier Euro – ausreichend und gesund ernähren könne.

Mit seinen polemisierenden und abfälligen Bemerkungen über Ausländer in Berlin hat der Ex-Senator nun den Bogen überspannt. "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin", hatte er in einem Interview Ende September gesagt. Sarrazins Fazit: Kein Zuzug mehr und das Kappen von Sozialleistungen.

Damit verscherzte sich der in seiner Amtszeit geschätzte Finanzsenator viele Sympathien in der SPD. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) distanzierte sich ungewöhnlich scharf. Eisig reagierte auch sein neuer Arbeitgeber Bundesbank. Präsident Axel Weber rückte ebenfalls von den "diskriminierenden Äußerungen" seines Vorstandes ab. Sarrazin wurde teilweise entmachtet.

Dabei ist seine fachliche Kompetenz unbestritten. Er diente seit 1974 allen Bundesfinanzministern von Hans Apel (SPD) bis Theo Waigel (CSU). Sarrazin arbeitete 1990 maßgeblich die Grundzüge der deutsch-deutschen Währungsunion aus. Doch seine Eigensinnigkeit führte zu zahlreichen Jobwechseln. So trennte sich Sarrazin im Streit Anfang der 90er Jahre von der Treuhandanstalt und 2001 von der Deutschen Bahn. Nun werfen ihm zwei SPD-Kreisverbände Ausländerfeindlichkeit vor und betreiben den Parteiausschluss Sarrazins. (dpa)