1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Podium einig: "Pressefreiheit braucht gut ausgebildete, motivierte Journalisten"

Presseclub Magdeburg gibt Anstoß zur Diskussion zum Thema "Presse - Freiheit ohne Grenzen?" Podium einig: "Pressefreiheit braucht gut ausgebildete, motivierte Journalisten"

Von Bernd Kaufholz 05.05.2012, 03:19

Letztlich waren sich alle auf dem Podium einig: "Wer Pressefreiheit will, braucht gut ausgebildete, motivierte Journalisten. Und wer gutes Personal will, muss auch Geld in die Hand nehmen, um einen Anreiz für Redakteure zu schaffen."

Der Presseclub Magdeburg hatte Donnerstagabend vier namhafte Protagonisten aus dem Pressebereich eingeladen. Über das Thema "Presse - Freiheit ohne Grenzen?" diskutierten MDR-Landesfunkhauschefin Elke Lüdecke, die Chefredakteure von Volksstimme und Mitteldeutscher Zeitung, Alois Kösters und Hans-Jürgen Greye, sowie der Vorsitzende des Landesjournalistenverbandes Uwe Gajowski.

Interessant bereits die Antworten auf die Eingangsfrage, gestellt vom Moderator unf freien Journalisten Harald Kreibich: "Wann haben Sie das letzte Mal über Pressefreiheit nachgedacht?"

Kösters: "Als es um den Boulevard-Skandal im Zusammenhang mit dem britischen Medien-Mogul Ruppert Murdoch ging." Der Volksstimme-Chef nannte den Vorgang "beschämend für die Presse". Murdoch habe die Pressefreiheit "mies ausgenutzt".

Lüdecke bezog sich auf den arabischen Frühling und die Möglichkeiten, die die Pressefreiheit im digitalen Zeitalter habe. Zugleich verwies die Funkhauschefin auf das "große Gut der Pressefreiheit, das besonders all diejenigen zu schätzen wüssten, die die Zeit vor 1989 in der DDR noch vor Augen hätten. Greye meinte, dass das Thema bei der MZ "relativ wenig diskutiert" werde. In Vorbereitung auf das Forum sei er auf das Thema gestoßen, als er während des Chefdienstes einen Beitrag auf der Kulturseite über Blogger in China gelesen habe. "Da wurde mir wieder einmal deutlich vor Augen geführt, dass Pressefreiheit, wie zum Beispiel bei uns im Zusammenhang mit der Sache Wulff, nicht so selbstverständlich ist."

"Anfällig für Interessenangebote"

Gajowski beantwortete die Frage aus gewerkschaftlicher Sicht: Er sehe die Meinungsvielfalt, die zur Pressefreiheit gehöre, in Gefahr. "Die Journalisten sehen sich immer mehr Einschränkungen ausgesetzt. Die schlechte Bezahlung - speziell freier Journalisten - macht diese anfällig für Interessenangebote aus Politik und Wirtschaft, die manche ,Freie\' in ihre Beiträge einfließen lassen."

Kreibich hob am Internationalen Tag der Pressefreiheit hervor, dass laut der Organisation "Reporter ohne Grenzen" Finnland, Norwegen und Estland im Ranking ganz vorn liegen. Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan belegten die letzten drei Plätze. Deutschland liegt auf Platz 12.

Vom Podium beklagt wurde die Tatsache, dass Ämter und Behörden häufig Schwierigkeiten mit der Pressefreiheit hätten. Die Auskunftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit werde zu oft als "Geheimnisverrat" oder Belästigung innerhalb des Dienstablaufs empfunden.

Die als eine "neue Form der Pressefreiheit" in die Diskussion geworfenen "Bürgermedien" - also die offenen TV- und Rundfunk-Kanäle - wollte Greye "nicht überbewerten". In diesen Kanälen "wird zu viel gemeint, zu wenig gewusst", brach der MZ-Chefredakteur für "Professionalität und Kompetenz" eine Lanze. "Wichtig für die Pressefreiheit sind ausgebildete Journalisten, Berufsethos." Hingegen brauche man niemanden, der "einem Fetisch nach- jage".

Journalisten als "Trendverstärker"

Volksstimme-Chefredakteur Kösters stellte fest, dass ihm immer häufiger "Respektlosigkeit von Journalisten im Umgang mit Politikern" auffalle. Dieser Umgang werde dann gern mit Pressefreiheit verwechselt. Sicherlich trage dieser Umstand zur Politikverdrossenheit im Lande bei. "Das, was sich in den Medien im Fall Wulff zum Teil abgespielt hat, hätte es so vor 20 Jahren noch nicht gegeben - besonders in den Kommentaren. Kösters bezeichnete Journalisten als "Trendverstärker".

Greye ergänzte: "Respekt, Achtung und Verantwortung gehören zur Pressefreiheit." Er wandte sich gegen das "Schreiben, ohne Regeln einzuhalten, ohne Kodex". Er kritisierte Menschen, die "während der Wende Pressefreiheit gefordert" hätten und heute in verantwortlicher Position verlangten, dass Presse "das verlautbart, was sie sagen, ohne zu hinterfragen".

Zur Pressefreiheit mit Blick auf die Volksstimme sagte Kösters: "Themen werden nicht per Dienstanweisung ins Blatt gedrückt." Über Brisantes werde diskutiert - natürlich auch kontrovers. Er bedauerte jedoch, dass manche Diskussion aufgrund der "Verdichtung der Arbeit" nicht ausführlich genug geführt werden könne. Pressefreiheit hänge auch immer mit persönlichem Engagement zusammen. Kösters: "Print ist für junge Leute nicht mehr so sexy. Da müssen wir schon etwas bieten, dass sie zu uns kommen."