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Athen will Begriff "Schuldenschnitt" künftig vermeiden

03.02.2015, 07:00

Rom/Berlin/Athen - Im Streit um eine Lösung für das griechische Schuldendrama stimmt die neue Athener Regierung allmählich versöhnlichere Töne an.

"Es gibt schon zu viele Risse in Europa, um neue entstehen zu lassen", sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras am Dienstag in Rom. Zuvor war schon sein Finanzminister in einem Interview von der Forderung nach einem Schuldenschnitt abgerückt.

Die griechische Regierung drückt aufs Tempo, um zu einer Lösung im Schuldenstreit zu kommen, denn Ende Februar läuft das internationale Hilfsprogramm aus - und ohne eine Verlängerung wäre das hoch verschuldete Land sehr schnell knapp bei Kasse. Am Mittwoch trifft Varoufakis auf seiner Europatour nun auch den obersten Euro-Währungshüter EZB-Präsident Mario Draghi; Tsipras spricht mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Am Donnerstag ist in Berlin zudem ein Treffen Varoufakis\' mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplant.

Nach einem Treffe mit Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi sagte Tsipras: "Wir sind natürlich offen für Vorschläge von anderen Partnern für alternative Wege." Man müsse es allerdings schaffen, aus der Sackgasse zu entkommen, in der das Land stecke. Renzi betonte, er habe Vertrauen, dass Tsipras mit dem von ihm begonnenen Dialog eine Lösung finden könne. "Ich glaube fest daran, dass die Voraussetzungen für eine Einigung zwischen Athen und den europäischen Institutionen gegeben sind", sagte er.

Nach Varoufakis\' Worten denkt die Athener Regierung an eine Vorschlagsliste von Umschuldungsmaßnahmen statt des Schuldenerlasses auf einen Schlag. Zuvor hatte die neue griechische Führung speziell Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Schäuble wegen ihrer harten Haltung zur Sparpolitik angegriffen. Merkel will die neuen Überlegungen aus Athen vorerst nicht bewerten. "Ich möchte jetzt nicht alles kommentieren", sagte sie in Berlin.

Varoufakis hatte bereits die Zusammenarbeit mit der Geldgeber-Troika von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB aufgekündigt, die Spar- und Reformauflagen kontrolliert. "Es gibt keine Abwendung", sagte Regierungssprecher Gabriil Sakellaridis im griechischen Rundfunk. Seinen Worten nach geht es bei den neuen Vorschlägen um Techniken, die schwere Schuldenlast tragfähig zu machen.

Varoufakis schlug in dem Interview vor, Finanzhilfen der europäischen Partner durch Papiere zu ersetzen, die an das Wirtschaftswachstum des Mittelmeerlandes gekoppelt sind. Griechenland-Bonds, die die Europäische Zentralbank gekauft hatte, sollten durch Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit ersetzt werden. Zudem wolle Athen die Steuerhinterziehung hart bekämpfen und reiche Griechen schärfer besteuern.

Zu seinem Vorschlag gab Varoufakis in Athen noch eine Erklärung heraus: Um Griechenland aus der "Schulden-Leibeigenschaft" zu befreien, werde die Regierung (in Athen) nicht zögern, auch "Euphemismen" (beschönigende Bezeichnungen) zu benutzen, hieß es darin.

Varoufakis appellierte an die Europartner, gemeinsam eine Lösung zu finden: "Man kann es schaffen. Unter der Bedingung, dass wir uns in Europa alle beruhigen", sagte er nach einem Treffen mit seinem italienischen Amtskollegen Pier Carlo Padoan. "Es ist ein Einverständnis notwendig, das uns Zeit gibt, etwa einen Monat oder sechs Wochen, ab Ende Februar, um eine Einigung zu finden, die dann ab dem 1. Juni umgesetzt wird. Unsere Krise wird enden."

Die neue Regierung will im Gegenzug zu den erwünschten Schuldenerleichterungen im Haushalt einen sogenannten primären Überschuss erreichen. Dabei werden die Zinszahlungen für die immensen Schulden ausgeblendet. Er soll bei 1 bis 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen.

Varoufakis erklärte in dem FT-Interview, er werde Euro-Partnern sagen: "Helft uns, unser Land zu reformieren und gebt uns etwas fiskalischen Spielraum dies zu tun." Ansonsten werde das Land "ersticken" und laufe Gefahr, zu einem deformierten anstatt zu einem reformierten Griechenland zu werden.

Griechenland hat Staatsschulden in Höhe von etwa 320 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird der Schuldenberg Athens knapp 169 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen, erlaubt sind höchstens 60 Prozent. Vor drei Jahren hatten Privatgläubiger wie Banken bereits einen Schuldenschnitt von 50 Prozent hinnehmen müssen.