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Windanlagen-Finanzierer droht mit Zahlungsunfähigkeit / Mehr als eine Milliarde Euro eingesammelt Prokon warnt Anleger vor Insolvenz

Mehr als eine Milliarde Euro haben Anleger dem Windanlagen-Finanzierer
Prokon zur Verfügung gestellt. Das Versprechen: acht Prozent Zinsen.
Jetzt hat das Unternehmen Probleme und setzt seine Anleger unter Druck.
Prokon gehört auch das Bioölwerk Magdeburg.

13.01.2014, 01:26

Itzehoe/Magdeburg (dpa/ts) | Zehntausende Kleinanleger müssen um ihr Geld bangen: Der Ökoenergiefinanzierer Prokon hat seine Anleger vor einer drohenden Insolvenz gewarnt, falls weiter Kapital abgezogen wird. Das Unternehmen mit Sitz in Itzehoe (Schleswig-Holstein) forderte die Anleger auf, keine weiteren Genussrechte zu kündigen.

Sollte es "nicht gelingen, die Liquiditätslage sehr schnell wieder zu stabilisieren, werden wir voraussichtlich Ende Januar gesetzlich gezwungen sein, eine Planinsolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einzuleiten", heißt es in einem mit Datum 10. Januar auf der Internetseite veröffentlichten Schreiben der Geschäftsführung. Nach Angaben des Unternehmens gibt es über 75.000 Anleger, die Prokon fast 1,4 Milliarden Euro anvertraut haben. Für Nachfragen war Prokon nicht erreichbar.

Bei Genussrechten, einer Beteiligungsform an einer Gesellschaft, besteht die Möglichkeit, dass bei einer Insolvenz die Einlagen ganz oder teilweise nicht mehr zurückgezahlt werden können.

In Sachsen-Anhalt hat Prokon mehrere Windparks finanziert, unter anderem in Bornstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz. Außerdem gehört dem Unternehmen das Bioölwerk in Magdeburg mit mehr als 100 Beschäftigten. Angesichts von insgesamt rund 1300 Arbeitsplätzen - davon allein 500 in Itzehoe -, die auf dem Spiel stehen, will sich das schleswig-holsteinische Arbeitsministerium Anfang der Woche in Gesprächen mit dem Unternehmen über die Lage informieren.

Aggressive Werbekampagne

Prokon hatte seine Geldgeber bereits im Dezember aufgefordert, die Zinsen für das zweite Halbjahr 2013 zur Entspannung der Liquiditätslage im Unternehmen zu belassen. "Mit großem Bedauern stellen wir fest, dass aufgrund der seit Monaten andauernden Medienkampagne gegen Prokon nach wie vor zahlreiche Anleger aus Angst vor einem Verlust ihres angelegten Geldes ihre Genussrechte kündigen", hieß es nun. "Somit stehen wir vor einem ernsten Problem."

Das Unternehmen veröffentlichte auf seiner Internetseite Rückantworten, in denen sich die Anleger verpflichten sollen, ihr Geld bis mindestens zum 31. Oktober 2014 nicht zurückzufordern, und auch auf die direkte Auszahlung von Zinsen zu verzichten. Auch danach sollen sie ihre Anlage nur in Raten über zwölf Monate ausbezahlt bekommen. Wer dagegen seine Genussrechte zeitnah kündigt, unterschreibt mit dem Formular den Satz: "Eine Insolvenz von Prokon nehme ich bewusst in Kauf." Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kritisierte das scharf. "Auf die betroffenen Anleger wirken die aktuellen Verlautbarungen schlichtweg wie eine klassische Erpressung", sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.

Ein Insolvenzrechtsexperte warnte Anleger davor, auf Ansprüche zu verzichten. "Anlegern, die nicht rechtzeitig ihre Rechte sichern, steht in einem Insolvenzverfahren aufgrund des Nachrangs der Genussrechte nicht einmal eine Insolvenzforderung zur Verfügung", sagte der Berliner Rechtsanwalt Christoph Kaltmeyer.

Das Unternehmen finanziert vor allem Windparks und sammelt dazu bei Anlegern Geld ein. In einer aggressiven Werbekampagne wurden jährliche Zinszahlungen von durchschnittlich acht Prozent zugesagt.

Im vergangenen Jahr hat Prokon nach eigenen Angaben rund 330 Millionen Euro an Zinsen ausgeschüttet, gleichzeitig lief ein Verlust von knapp 210 Millionen Euro auf. Verbraucherschützer hatten wiederholt das Geschäftsmodell infrage gestellt und mangelnde Transparenz beklagt.

Bereits im September 2012 hatte das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht einer Klage der Verbraucherzentrale Hamburg gegen ein Unternehmen der Prokon-Unternehmensgruppe wegen unlauterer Werbung stattgegeben. Dessen Verkaufsprospekt enthalte irreführende Werbeaussagen zur vermeintlichen Sicherheit der Geldanlage, teilte das OLG damals mit.