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Studie sieht keinen Zusammenhang zwischen Reformen und dem Boom atypischer Beschäftigung Hartz IV ist nicht an allem schuld

Für viele sind die Hartz-Reformen bis heute ein rotes Tuch. Haben sie
doch angeblich zu einem Boom von atypischen Beschäftigungsverhaltnissen
geführt. Arbeitsmarktforscher widersprechen dem nun: Solche Jobs habe es
vorher bereits gegeben.

15.01.2014, 01:15

Magdeburg l Kaum eine Arbeitsmarktreform hat so viel Diskussionen und Proteste in Deutschland hervorgerufen wie die Einführung der Hartz-Gesetze zwischen 2003 und 2005. Kritiker monieren bis heute, dass durch sie erst viele Menschen in schlecht bezahlte Jobs mit miesen Arbeitsbedingungen gedrängt wurden. Doch dem widersprechen nun Forscher des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

"Die Hartz-Reformen führten nicht zu einer nachhaltigen Beschleunigung des Wachstums atypischer Erwerbsformen", schreiben sie in ihrer jüngst veröffentlichten Studie. Der Boom solcher Jobs sei vielmehr Ausdruck eines langfristigen Trends.

Zuwachs prekärer Jobs in den 1990er Jahren

Den IAB-Forschern zufolge habe es bereits in den 1990er Jahren einen erheblichen Zuwachs atypischer Beschäftigung gegeben, insbesondere bei den Minijobs. Als Gründe hierfür nennen sie die zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen, den verschärften internationalen Wettbewerb für Betriebe und das Wachstum des Dienstleistungssektors. So sei der Anteil atypischer Beschäftigung zwischen 1995 und 2011 bundesweit von 24 auf 37 Prozent gewachsen - nur eben stetig und nicht erst seit den Hartz-Gesetzen von 2003.

Auch in Sachsen-Anhalt haben die Reformen nicht zu einem starken Anstieg von geringfügiger Beschäftigung oder Leiharbeit geführt. "Einen sprunghaften Zuwachs, der mit der Einführung von Hartz IV begründbar wäre, konnten wir nicht beobachten", berichtet Kay Senius, Chef der Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt.

Langfristiger Trend in Sachsen-Anhalt

Zwar habe mit den Hartz-Gesetzen der Druck für Arbeitslose zugenommen, eine Stelle anzunehmen, aber ein sprunghafter Anstieg atypischer Beschäftigung sei ausgeblieben.

Vielmehr ergebe sich auch fürs Land ein langfristiger Trend: Während 1996 der Anteil prekärer Jobs 18 Prozent betrug, belief er sich zuletzt auf 36 Prozent. Damit liegen die Werte fürs Land sogar leicht unter den Werten für den Bund.

Stark gestiegen ist hierzulande vor allem die Zahl der Teilzeitbeschäftigten, sie hat sich zwischen 2003 und 2013 auf rund 200.000 verdoppelt. "Das liegt aber weniger an Hartz IV", betont Senius. Vielmehr habe der Wirtschaftsaufschwung zwischen 2005 und 2008 zu einem Beschäftigungsplus geführt. Die Zahl der geringfügig Beschäftigten (80.000) und die Zahl der Leiharbeiter (25.000) hätten sich hingegen in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert. "Die Bedeutung geringfügiger Beschäftigung hat eher abgenommen", so Senius. Auch Leiharbeit habe im Kontext atypischer Beschäftigung nur eine marginale Bedeutung.