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Wirtschaftsminister Möllring kündigt neue Förderrichtlinien an EU-Mittel sollen vor allem Forschung stärken

01.02.2014, 01:20

Sachsen-Anhalt erhält bis 2020 rund 1,4 Milliarden Euro von der EU. Im Interview mit Volksstimme-Redakteur Matthias Stoffregen erklärt Wirtschaftsminister Hartmut Möllring, wie er die Mittel verteilen will.

Volksstimme: Herr Möllring, die Wirtschaft muss sich darauf einstellen, in den kommenden sieben Jahren weniger Fördergelder aus Brüssel zu bekommen. Die Einschnitte fallen aber nicht ganz so dramatisch aus. Sind Sie zufrieden?

Hartmut Möllring: Wir konnten unsere Erwartungen zuletzt wieder nach oben schrauben. Wir dachten erst, wir würden beim Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) eine Halbierung von 1,9 Milliarden Euro auf etwa eine Milliarde Euro verkraften müssen. Wir werden jetzt bis 2020 insgesamt 1,4 Milliarden Euro bekommen - das ist zwar auch eine Reduzierung um eine halbe Milliarde Euro, aber damit können wir gut etwas anfangen.

Volksstimme: Worin liegen die Gründe für die sinkenden EU-Zahlungen?

Möllring: Dass wir weniger Geld aus dem EFRE erhalten, war klar, denn irgendwo muss sich ja auch die vergangene Förderperiode in besseren Wirtschaftsdaten niederschlagen. Und dann sind zuletzt einige Länder in der EU dazugekommen, denen es deutlich schlechter geht als uns und die somit auch berechtigt sind, Fördergelder zu erhalten.

"Wir müssen die Höchstfördersätze herabsetzen."

Volksstimme: In welche Bereiche werden die 1,4 Milliarden Euro fließen?

Möllring: Die Hälfte, also rund 700 Millionen Euro, wird im Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft anlanden. Die andere Hälfte teilen sich die anderen Ressorts.

Volksstimme: Die Mittel fallen trotz allem geringer aus, wollen Sie in Ihrem Ressort bei der Förderung künftig stärker Prioritäten setzen?

Möllring: Wir wollen zum 1. Juli neue Förderrichtlinien herausbringen. Schwerpunkte werden wir dann bei Forschungsprojekten unserer Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen setzen, aber auch bei Entwicklungsprojekten in Unternehmen.

Volksstimme: Und wo wollen Sie Abstriche machen?

Möllring: Wir müssen in einigen Bereichen die Höchstfördersätze herabsetzen. Dies ist eine Vorgabe der Europäischen Kommission. Kleine Firmen, die bislang maximal 40 bis 50 Prozent Investitionsförderung bekommen konnten, erhalten künftig noch 35 Prozent. Bei mittleren Betrieben fallen die Sätze von 30 bis 40 Prozent auf 25 Prozent, bei großen Unternehmen von 20 bis 30 Prozent auf 15 Prozent. Und ab 2018 werden die Fördersätze noch einmal jeweils um fünf Prozentpunkte abgesenkt. Das ist aber auch gerechtfertigt, weil sich die Situation in Sachsen-Anhalt deutlich verbessert hat. Und dennoch werden wir in den kommenden Jahren dann noch immer die höchsten Fördersätze im Vergleich zu anderen Bundesländern haben.

Volksstimme: Ursprünglich sollten Sie auch fünf Leitmärkte benennen, in denen Gelder gezielt investiert werden könnten. Muss ein Unternehmer, der nicht in einem dieser Leitmärkte tätig ist, nun fürchten, keine Fördergelder mehr zu bekommen?

"Sachsen-Anhalt liegt noch nicht vorne, aber holt auf."

Möllring: Wir haben mit den Bereichen Maschinenbau, Gesundheit, Mobilität, Chemie und Ernährung fünf Leitmärkte benannt, auf denen wir durch die EU-Förderung starke Innovationsimpulse für die heimische Wirtschaft setzen wollen. Ich bin mir aber mit den Industrie- und Handelskammern und den beiden Handwerkskammern einig, dass wir mit etwas gutem Willen sehr viel unter diesen Leitmärkten definieren können. Sie stellen also - bis auf kleine Ausnahmen vielleicht - keinen Ausschluss dar.

Volksstimme: Sollten die Leitmärkte nicht auch dazu dienen, wirtschaftliche Stärken des Landes weiter auszubilden? Bislang liegt Sachsen-Anhalt ja in vielen Bereichen nur im Mittelfeld im Vergleich zu anderen Bundesländern, wäre nicht an der ein oder anderen Stelle eine gezielte Förderung nötig?

Möllring: Das liegt ja nicht nur in unserer Hand, sondern wir müssen gucken, wo Unternehmer investieren wollen. Wenn sie zwischen 15 und 35 Prozent Förderung bekommen, müssen sie ja immer noch 85 bis 65 Prozent selber aufbringen. Dass wir noch nicht vorne liegen, wird daran deutlich, dass wir noch Förderung bekommen.

Aber Sachsen-Anhalt holt auf. Das ist natürlich auch schwer, weil die West-Bundesländer 1990 ihre Arbeit nicht eingestellt haben, die sind auch weiter marschiert. Mit den Fördermitteln werden wir erreichen, dass die fünf Ostländer deutlich schneller marschieren, damit sie aufschließen.

Volksstimme: Zuletzt wurden die Förderkriterien dahingehend kritisiert, dass von Unternehmen unter anderem verlangt wurde, nach Branchen-Tarif zu zahlen und eine Lehrlingsquote zu erfüllen - wollen Sie daran festhalten?

"Es müssen gute Arbeitsplätze entstehen."

Möllring: Die Kammern kritisieren, dass die Kriterien den Antragstellern sehr viel Bürokratie bereitet haben. Wir werden versuchen, die Anträge zu vereinfachen, aber gewisse Grundsätze müssen natürlich eingehalten werden. Wir müssen sehen, dass gute Arbeitsplätze entstehen. Dazu gehört auch eine gewisse Ausbildugsquote. Wir sind bereit, die Kriterien noch einmal zu überdenken, aber wir werden mit Sicherheit auch keinen Salto rückwärts machen.