Ost-Marken DDR-Nostalgie aus der Dose

Zwar ist die große Welle der Ostalgie längst vorbei, doch mit der
Erinnerung an vergangene Tage lässt sich immer noch ein gutes Geschäft
machen.

19.03.2014, 01:18

Berlin (dpa) l Auf der Dose mit der Tomatensoße à la DDR-Schulküche prangt ein lachendes Zopfmädchen mit Pionierhalstuch. Im Angebot ist auch Feldsuppe der Nationalen Volksarmee (NVA). Das Duschbad mit der Karikatur des einstigen SED-Chefs Erich Honecker kostet 3,99 Euro im Online-Versand. Zu haben sind auch Schießabzeichen der DDR-Kampftruppen. Fast 25 Jahre nach dem Mauerfall sind "Ostprodukte" sowie der Verkauf von DDR-Resten per Internet wieder in den Fokus gerückt. Auch Restaurants mit Soljanka und Würzfleisch, DDR-Medaillen bei Internet-Händlern, Übernachtungen im Plattenbau oder Ost-Partys haben weiter ihre Anhänger.

Einige Ostmarken haben sich auf dem deutschen Markt tatsächlich einen Namen gemacht, die meisten allerdings nur in den neuen Bundesländern. "Den Westler interessiert nicht, was im Osten war", erklärt Professor Klaus Schroeder von der Freien Universität Berlin. Dennoch: "die DDR hatte noch nie so viele Anhänger wie heute", erklärt er weiter. Die Gründe: Die Ostdeutschen fühlten sich oft in die Ecke gedrängt, suchten nach Legitimation und identifizierten sich so stärker mit der DDR, so Schroeder.

Der Geschmack von damals kommt gut an

In Zahlen und Prozenten lasse sich das Ausmaß der Ostalgiewelle nicht festmachen, sagt der Professor. In Umfragen, ob die DDR mehr gute als schlechte Seiten habe, bejahten jedoch mehr als 50 Prozent der Ostdeutschen positive Aspekte. Gerade in ländlichen Regionen würden Ältere von ihrem DDR-Leben schwärmen.

Doch viele Kritiker stören sich an der Vorliebe für Ostprodukte. Klaus Schroeder fragt sich: Wo endet Nostalgie, wo beginnt Geschichtsklitterung? 25 Jahre nach dem Mauerfall redeten sich etliche Ostdeutsche die untergegangene DDR immer schöner, sagt der Berliner Wissenschaftler.

Auch die einstige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld sieht den Trend zur Ostalgie kritisch: "Mit Symbolen von Diktaturen macht man keine Werbung", und bezieht sich damit auf eine Ausgabe der Bild-Zeitung. Das Blatt hatte zu den Nostalgie-Dosen getitelt: "Wie geschmacklos ist diese Suppe?"

In Kelles Klädener Suppenmanufaktur in Sachsen-Anhalt sieht Inhaberin Antje Mandelkow jedoch keine Probleme. Allein durch die NVA-Feldsuppe seien fünf neue Arbeitsplätze entstanden. Wegen der hohen Nachfrage gebe es derzeit Lieferschwierigkeiten.

"Es geht nicht um die NVA, es geht nur um die Suppe. Diese Erbsensuppe ist das Beste, was uns in der DDR passieren konnte." Von dem Schlechten distanziere man sich. An den von der NVA bewachten DDR-Grenzen verloren Flüchtlinge ihr Leben.

In der Leha GmbH in Laucha (Sachsen-Anhalt) sagt Prokurist Christian Labode (33) zu den Dosen mit den Pionier-Bildern: "Wir wollten an den Geschmack der Kindheit im Osten anknüpfen. Wir wollen keine politische Botschaft senden und auch keine Opfer beleidigen." Es gebe noch eine neutrale Dosen-Version. "Die mit dem Pionierbild läuft aber deutlich besser." Und schließlich bestimme die Nachfrage ja das Angebot, so Labode.