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Verbraucherrechte stärken Strengere Regeln für Finanzmarkt

Der Staat nimmt den "Grauen Kapitalmarkt" fester an die Kandare.
Anleger, die sich von hohen Renditen locken lassen, erhalten mehr
Informationen. Vor riskanten Produkten wird gewarnt, aggressive Werbung
wird eingedämmt. Rundumschutz kann es aber nicht geben.

23.05.2014, 01:14

Berlin (dpa) l Die Pleite des Windkraft-Betreibers Prokon hatte die Politik alarmiert. Anleger sollen künftig besser vor risikoreichen Finanzprodukten geschützt werden. Jetzt hat die Bundesregierung einen "Aktionsplan für mehr Verbraucherschutz im Finanzmarkt" vorgelegt. Geht es nach Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Verbraucherminister Heiko Maas (SPD), kann sich damit der Fall Prokon so nicht wiederholen. Der Gesetzentwurf soll bald folgen:

Weshalb entfachte der Fall Prokon die Debatte?
Zur Finanzierung von Windkraftanlagen hatte Prokon sich Geld von Kleinanlegern geholt und hoch riskante Genussrechte ausgegeben. Zehntausende Anleger wurden von hohen Zinsen von bis zu acht Prozent pro Jahr gelockt - trotz extremer niedriger Leitzinsen. Prokon hatte dafür massiv in der Öffentlichkeit geworben - und Mitte Januar 2014 Insolvenz angemeldet. Die 75 000 Anleger, die 1,4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hatten, zittern seither um ihr Geld. Denn Halter von Genussscheinen müssen sich bei einer Insolvenz mit ihren Forderungen hinter die anderen Gläubiger anstellen.

Warum steht wieder einmal der "Graue Kapitalmarkt" im Mittelpunkt?
Bei geplatzten Anlagemodellen rückt regelmäßig der lange kaum regulierte "Graue Kapitalmarkt" in den Fokus, auf dem sich neben seriösen Anbietern auch dreiste Zocker und leichtgläubige Laien tummeln. Er unterliegt nicht so der staatlichen Finanzaufsicht, betreibt aber auch keine illegalen Geschäfte wie der "Schwarze Kapitalmarkt".

Was soll mit dem Aktionsplan erreicht werden?
Zunächst einmal sollen jene noch bestehenden Regelungslücken und Umgehungsmöglichkeiten auf dem "Grau-Markt" geschlossen werden. Anleger sollen in Prospekten mehr und aktuellere Informationen erhalten, Anbieter müssen Risiken stärker offenlegen. Unzulässige "Schneeballsysteme", auf die Anleger immer wieder reinfallen, sollen eingedämmt werden. Auch soll es künftig Mindestlaufzeiten geben. Die oberste Finanzaufsicht Bafin kann warnen und bei erheblichen Bedenken Vertriebsverbote oder -beschränkungen verhängen.

Gibt es nun Warnhinweise - ähnlich wie auf Zigarettenschachteln?
Warnungen soll es geben, aber nicht so drastisch wie beim Rauchen. Grundsätzlich sollen Anleger auf den Zusammenhang zwischen hoher Rendite und hohem Risiko hingewiesen werden. Wie genau der Hinweis auf dem Produkt aussieht, ist offen. Laut Aktionsplan sollen auch "aggressive Formen der Vermarktung eingeschränkt werden". Der Vertrieb an Anleger, für die sich bestimmte Produkte nicht eignen, soll vermieden werden.

Wie soll die Bafin gegen ungehemmte Werbung vorgehen können?
Irreführung durch plakative Werbung solle vermieden werden, sagt Maas. Im Aktionsplan heißt es umständlich: "Um unerfahrene Anleger zu schützen, wird die Zulässigkeit von Werbung für Vermögensanlagen grundsätzlich auf solche Medien beschränkt, deren Schwerpunkt auf der Darstellung von wirtschaftlichen Sachverhalten liegt und bei deren Leserschaft somit ein gewisses Maß an Vorkenntnissen vorausgesetzt werden kann." Schäuble zufolge heißt dies nicht, dass die Bafin in Werbeaufträge und die Konkurrenz der Medien eingreift: "Vertrauen Sie darauf, dass die Bafin diese Instrumente mit einem gewissen Maß an gesundem Menschenverstand anwenden wird."

Ist aber letztlich nicht der Anleger verantwortlich?
Natürlich. Regulierer, Finanzexperten und Verbraucherschützer sind sich einig: Gegen die Gier von Anlegern und das Desinteresse von Verbrauchern nützen letztlich auch mehr und bessere Gesetze nur wenig. Potenzielle Anleger bekommen künftig mehr und bessere Informationen zu Risiken, sie müssen diese Prospekte dann aber auch ausführlich lesen.

Aufsichtschefin Elke König meinte, es könne nicht Aufgabe der Bafin sein, Renditeversprechen sämtlicher Unternehmen zu prüfen. Es gehe nicht darum, alle auch nur ansatzweise riskanten Angebote von Verbrauchern fernzuhalten oder diese zu verbieten.

Und warum werden solche hoch riskanten Geschäfte nicht verboten?
Genussrechte etwa sind nicht per se schlecht. Gerade jungen Firmen nutzen diese Finanzierungsform. Wer sich gut auskennt, Bilanzen lesen und das Risiko von Genussrechten gut beurteilen kann, soll weiter auf diese Weise sein Geld investieren können.