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Wirtschaftsanalyse Der Müller-Faktor und die Fußball-WM

Mit Zahlen und Statistiken kennen sie sich aus. Doch wie treffsicher sind Fußball-Tipps von Ökonomen? Etliche Analysen zur Weltmeisterschaft 2014 belegen: Die Zunft hat sich gründlich mit dem Thema beschäftigt.

04.06.2014, 01:17

Frankfurt/Main (dpa) l Vergessen Sie alle Pannen im Trainingslager: Deutschlands Fußballer werden in Brasilien Weltmeister - dank "Müller-Faktor"! Gerd Müller beendete seine erste WM 1970 als Torschützenkönig und Deutschland gewann das Spiel um Platz 3 gegen Uruguay. 1974 holte das Team um Müller den WM-Titel.

Namensvetter Thomas Müller wurde bei seiner ersten Weltmeisterschaft 2010 ebenfalls Torschützenkönig - und Deutschland besiegte im Spiel um Platz 3 Uruguay. "Wie seine zweite Weltmeisterschaft in Brasilien laufen wird, dürfte nun eindeutig sein", folgern die fußballbegeisterten Volkswirte der Dekabank in ihrer nicht ganz ernst gemeinten Studie zur Fußball-WM in Brasilien.

Die deutschen Fans sollten mit dem Feiern gleichwohl noch etwas warten, rät das Dekabank-Team. Denn nach streng ökonomischen Modellen berechnet dürfte in diesem Jahr der Gastgeber als Sieger vom Platz gehen. "Den Heimsieg der Brasilianer kann man quantitativ kaum noch runterrechnen", sagt Volkswirt Holger Bahr.

Berücksichtige man das Abschneiden der Seleção bei den letzten vier Weltmeisterschaften, das langjährige Länderspielranking (Elo-Ranking) und den Heimvorteil deute "vieles auf ein Fußballmärchen für Brasilien mit 64 Jahren Verspätung hin", schreibt die Deka. Im entscheidenden Spiel 1950 hatte der kleine Nachbar Uruguay mit einem 2:1-Sieg Brasilien den Titel bei der ersten WM im eigenen Land weggeschnappt.

Nach den ebenfalls hochkomplexen Berechnungen von Goldman Sachs stehen Brasiliens Chancen auf den Titel bei sagenhaften 48,5 Prozent. Argentinien dürfte demnach der Finalgegner heißen (Chance auf den Titel: 14,1 Prozent), für Jogis Jungs reicht es - wieder einmal - nur zu Platz 3 (Chance auf den Titel 11,4 Prozent). Das DFB-Team wolle eben nicht einfach nur gewinnen wie in vergangenen Zeiten, analysieren die Goldman-Ökonomen. Erst Jürgen Klinsmann und danach Joachim Löw als Bundestrainer legten Wert auf schönen Fußball.

Zuverlässiger als Orakel Paul?

Letztlich sei "der Einfluss des Zufalls sehr groß, wird aber dennoch fast immer unterschätzt", philosophieren Volkswirte der Berenberg-Bank und des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI).

Brasilien ist zwar auch in dieser Analyse Favorit auf den Titel, aber die Autoren betonen: "Würde man die WM unter sonst gleichen Bedingungen ein zweites und drittes Mal spielen, stünde am Ende vermutlich jeweils ein anderer Weltmeister."

Für das anstehende Turnier vertrauen Berenberg/HWWI auf die Expertise der internationalen Wettmärkte: "Brasilien mit Heimvorteil, Spanien als Titelverteidiger und die anderen üblichen Verdächtigen wie Deutschland, Italien oder Argentinien sind die Favoriten."

Müssen also Ökonomen den Turnierverlauf vorhersagen - jetzt wo die treffsichere Orakel-Krake Paul nicht mehr unter uns weilt? Paul hatte bei der Fußball-WM 2010 den Ausgang aller Spiele mit deutscher Beteiligung und den Finalsieg der Spanier korrekt getippt. Unicredit-Ökonom Andreas Rees bricht in seiner Studie eine Lanze für die Expertise seiner Zunft: "Auch Ökonomen sind große Fußball-Fans."

Immerhin: Durch die Bank zählen die Wirtschaftsexperten die deutsche Mannschaft zum engeren Favoritenkreis: Brasilien, Spanien, Deutschland, Argentinien.

Wenn Deutschland verliert, hüpft der Dax

Wenn es dann wieder einmal für mehr nicht reichen sollte, wäre das unter ökonomischen Gesichtspunkten gar nicht so schlecht, meint das Dekabank-Team: "Man mag es nicht recht aussprechen, aber eigentlich sollten wir uns für Brasilien ein vorzeitiges Scheitern unserer Fußball-Kicker wünschen - idealerweise übrigens im Halbfinale. Denn die schönsten Kursgewinne verzeichnete der Dax jeweils nach einem Rauswurf kurz vor dem großen Ziel."

Zahlenspiele hin, Statistiken her: An Spannung verliert die WM dadurch nichts. 2010 hätte nach der Goldman-Sachs-Berechnung Brasilien Weltmeister werden müssen, nicht Spanien.

Und Halbfinalist Uruguay hatte laut Goldman Sachs nur eine Chance von 8,6 Prozent auf diesen Erfolg. Fußball, so folgern die Autoren der aktuellen Goldman-Studie, sei eben "letztlich ein herrlich zufälliges Spiel".