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Milch-Nachfrage auf Weltmarkt gestiegen Landwirte bekommen bis zu 40 Cent für das Kilo Milch

03.07.2014, 01:20

Neuenkirchen (dpa) l Wenn Claus Naarmann durch sein Milchlager geht, schaut er in einigen Reihen auf chinesische Schriftzeichen auf dem Etikett. Ein Teil der haltbaren Milch des Familienbetriebes mit 115 Mitarbeitern wird nach Asien verschifft. Aus dem Münsterland liefert die mittelständische Molkerei knapp ein Drittel der Produkte ins Ausland. Naarmanns Großvater brachte die Milch noch vom Münsterland ins Ruhrgebiet. Nach dem Krieg herrschte dort Mangel. "Heute schauen wir uns die Märkte in Asien an, das wäre für meinen Großvater undenkbar gewesen", sagt der Geschäftsführer.

Grund für den Wandel ist ein seit Jahren anhaltender Boom bei der Weltmarktnachfrage nach deutschen Milchprodukten. Besonders Russland, afrikanische Länder und China produzieren weniger Milch als sie benötigen. "China hat mit 36 bis 40 Millionen Tonnen ungefähr so viel Rohmilch wie Deutschland. Der Bedarf ist aber in der Milliarden-Bevölkerung um ein Vielfaches höher als bei uns", sagt Erhard Richards, Vorstandsvorsitzender des Kieler Instituts für Ernährungswissenschaft. Seit dem Skandal um gepanschte chinesische Milch mit der Chemikalie Melamin im Jahr 2008 schwören Chinesen auf Milch aus dem Ausland. Damals starben sechs Babys und über 300 000 Kleinkinder litten unter Nierenschäden.

Westliche Lebensmittel sind in China sehr beliebt. "Unser Ruf ist so gut, wir brauchen eigentlich nur eine Deutschland-Fahne auf unsere Produkte kleben, schon läuft das Geschäft", sagt Naarmann. Dass der Milchmarkt mit staatlichen Aufkäufen gestützt werden musste - die sogenannten EU-Milchseen und -Butterberge - gehört längst der Vergangenheit an.

Der wachsende Export sorgt für steigende Einnahmen der Milchbauern. In Nordrhein-Westfalen zahlten die Molkereien dank der gestiegenen Weltmarktnachfrage im ersten Halbjahr 2014 durchschnittlich 40 Cent je Kilogramm Rohmilch an die Landwirte, 2013 waren es noch 33 Cent. Den Zuwachs von rund 20 Prozent stehen aber auch höhere Kosten unter anderem für Energie und Futter entgegen.

In Deutschland wird mit Blick auf den Weltmarkt immer mehr Milch produziert. Weil aber die EU-Quotenregelung erst 2015 ausläuft, müssen deutsche Milchbauern kräftig Strafe zahlen. Sie haben zum Stichtag 31. März knapp 600000 Tonnen Milch zu viel produziert - ein Rekord. Im Schnitt müssen die Landwirte mit überschrittener Quote 13 Cent pro Kilogramm zu viel gelieferter Milch Strafe nach Brüssel zahlen. Zusammen sind das rund 163 Millionen Euro.

Nach Ansicht von Richards dürfte das einigen Landwirten richtig wehtun. "Viele Betriebe haben sich mit Expansion auf die quotenfreie Zeit eingestellt. Bei der Mehrzahl der Betriebe dürfte es aber ein schlechtes Geschäft gewesen sein", sagt der Milchpreisexperte.

Für die Verbraucher in Deutschland bedeuten die Exporterfolge der Milchwirtschaft, dass Milchprodukte tendenziell teurer werden. Bei einigen Produkten mussten die Verbraucher bereits Aufschläge hinnehmen: In den ersten sechs Monaten 2014 waren H-Milch (12,3 Prozent), Speisequark (17,4 Prozent), Butter (5,9 Prozent), Gouda (14,1 Prozent) und Schlagsahne (15,9 Prozent) deutlich teurer als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.