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Ex-Ministerpräsident scheitert als Vorstandschef bei Bilfinger Übergroßer Ehrgeiz bringt Koch zu Fall

Er wollte zu viel auf einmal: Roland Koch verlässt Bilfinger - und übergibt die Leitung an seinen Vorgänger. Der Aufsichtsrat will jetzt Ruhe reinbringen. Dafür war Koch wohl nicht der richtige Mann.

06.08.2014, 01:18

Mannheim (dpa) l Am Ende war es sein eigener Ehrgeiz, an dem Roland Koch scheiterte. Schon in der Politik hatte er oft wie ein Manager agiert. Das ganz hohe Amt war dem früheren hessischen Ministerpräsidenten dort versagt geblieben, als Vorstandschef des Mannheimer Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger wollte Koch zu viel in zu kurzer Zeit erreichen - und muss sich nun geschlagen geben. Seine Strategie der hohen Ziele ging nicht auf. Den Ausschlag gaben schließlich zwei Gewinnwarnungen innerhalb kurzer Zeit.

Dass Kochs Vorstellungen unrealistisch waren, blieb dem Aufsichtsrat nicht verborgen. "Wir haben die Ziele immer als sehr ambitioniert wahrgenommen", sagt Chefaufseher Bernhard Walter am Tag nach der Ankündigung des Rücktritts. "Die Ziele sind ja nicht vom Aufsichtsrat vorgegeben, sondern sind von ihm selbst gesteckt worden."

Ehrgeiz an sich ist kein neuer Zug an Koch. Bereits in seiner Zeit als CDU-Politiker hieß es über ihn, er habe "auf Kanzler studiert". Allerdings ließ ihn Angela Merkel nie an sich vorbeiziehen. Prompt kommt am Dienstag denn auch eine entsprechende Reaktion aus seiner früheren politischen Heimat: "Es scheint so, als ob Roland Koch wieder einmal zu viel zu schnell erreichen wollte und damit falsche Entscheidungen getroffen hat", sagt der SPD-Fraktionschef im hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel.

Als Grund für seinen vorzeitigen Abgang bei Bilfinger nennt Koch neben den zwei Gewinnwarnungen in einer Erklärung auch Differenzen mit den Kontrolleuren. Er habe feststellen müssen, dass "wesentliche Teile des Aufsichtsrats und ich bei der Beurteilung der unmittelbaren nächsten notwendigen Maßnahmen nicht ausreichend übereinstimmen".

Aufsichtsratschef Walter hält sich dazu am Dienstag bedeckt. Er wisse wirklich nicht, was Koch damit meine, beteuert er. Schließlich habe man ja bei den strategischen Zielen übereingestimmt. "Wir waren nie auseinander, was die kurzfristigen und langfristigen einzuleitenden Maßnahmen betrifft." Zum Teil bleibt der Entschluss also ein Rätsel.

Koch lässt bei Bilfinger seit Monaten kaum einen Stein auf dem anderen. Er drückt die Kosten in vielen Bereichen, streicht Stellen und treibt die Zentralisierung voran. Selbst der traditionsreiche Tiefbau steht zum Verkauf. Kochs Strategie werde fortgesetzt, sie sei richtig gewesen, betont der Aufsichtsratschef - und ignoriert die recht verwunderten Mienen in der Journalistenrunde.

Geschwundenes Vertrauen

Schließlich findet Walter doch noch etwas deutlichere Worte: Natürlich werde die Stimmung im Aufsichtsrat angespannter, wenn Vereinbarungen mehrfach nicht eingehalten würden, sagt er. "Und bei fortgesetztem Verfehlen kippt die Stimmung in Richtung Vertrauensverlust, das ist ganz einfach."

Das geschwundene Vertrauen soll nun Kochs Vorgänger Herbert Bodner wieder aufbauen - übergangsweise, bis ein neuer Konzernchef gefunden ist. "Er muss Ruhe nach innen und außen schaffen", erklärt Walter. Ruhe schaffen - das schien Koch zuletzt jedenfalls fremd zu sein. Er wollte Wandel, um jeden Preis. Doch am Ende schien der Preis zu hoch. Meinung