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Logistikkonzern droht Tarifkonflikt Bei der Post hängt Haussegen schief

Bei der Deutschen Post laufen die Geschäfte wie geschmiert. Vor allem
der Online-Handel treibt Umsätze und Gewinne an. Doch der Haussegen in
Bonn hängt seit einigen Wochen schief: Der Konzern will bei den Löhnen
sparen. Kein gutes Omen für die anstehende Tarifrunde

Von Peter Lessmann 12.03.2015, 01:20

Bonn (dpa) l Melanie Kreis hat bei der Deutschen Post keinen leichten Job. Seit November verantwortet die frühere Finanzchefin der Sparte DHL Express den Personalbereich des Konzerns mit fast 490000 Mitarbeitern. Doch der Post-Vorstand hat Arbeitnehmervertreter und die Gewerkschaft Verdi im Januar gegen sich aufgebracht. Es geht um die Neugründung von 49 Regionalgesellschaften in der Paketsparte, in denen befristet Beschäftigte sowie Arbeitssuchende von außen einen festen Job erhalten sollen. Dort gelten aber bis zu 20 Prozent schlechtere Konditionen als im Haustarif des Unternehmens.

"Mir ist bewusst, dass das für die Gewerkschaft ein schwieriges Thema ist", räumt die 43-jährige Managerin bei der Bilanzvorlage am Mittwoch in Bonn offen ein. Aber es werde eine gemeinsame Lösung geben, wobei das Unternehmen den Beschäftigten nichts wegnehmen werde. Die neue Personalchefin sucht das Gespräch mit Verdi. Schon bald werde über den gekündigten Tarifvertrag zu den Arbeitszeitregelungen und über andere Themen gesprochen. Voraussichtlich im Mai geht es auch um neue Entgelte. Aber ihr ist auch klar: "Wir werden keine einfache und schnelle Lösung finden."

Denn Verdi ist verschnupft und die Stimmung gereizt. Die Deutsche Post sei der Marktführer und stehe wirtschaftlich prächtig da, sagt Verdi-Bundesvorstand Andrea Kocsis. "Dass der Vorstand in dieser Situation die Axt an Lohnkosten und Arbeitsbedingungen setzt, ist für uns nicht akzeptabel." So würden nur kurzfristige Profitinteressen bedient.

Verdi spricht von "Vertragsbruch" und von "einem klaren Fall von Tarif- und Mitbestimmungsflucht". Die Post wolle mit diesem Manöver die Arbeitsbedingungen von 10 000 Beschäftigten radikal verschlechtern. Die Positionen liegen weit auseinander - und Postchef Frank Appel ahnt: "Ich weiß, dass das schwierig ist, zu erklären."

Bereits 4000 Beschäftigte in Billig-Post-Firma

Hintergrund des Streits ist der knallharte Wettbewerb im Paketgeschäft. Für Appel sind die hohen Personalkosten seit längerem ein Ärgernis. Der Konzern müsse an den Kostenstrukturen arbeiten und die Lücke zur Konkurrenz schließen. "Wir zahlen doppelt so hohe Löhne wie unsere Wettbewerber", sagt Appel. Den Menschen wolle man aber langfristig eine Perspektive geben. Und sein Vorstandskollege Jürgen Gerdes sekundiert: "Wir sind deutlich weg von dem, was andere bezahlen, und auch deutlich weg von den Mindestlöhnen."

Trotzdem: Es sieht ganz so aus, als ob in der Tarifrunde 2015 bei der Deutschen Post größere Geschütze aufgefahren werden. Denn Verdi will den beschlossenen Umbau keinesfalls kampflos hinnehmen. Die regionalen Gesellschaften stehen unter dem Dach der Tochtergesellschaft DHL Delivery GmbH. Dort gilt nicht der günstige Haustarif, sondern der regionale Tarif der Logistikbranche.

Doch bei aller Aufregung - viele Postler hätten längst Fakten geschaffen, betont die Chefetage. Mehr als 4000 Menschen hätten ihren neuen Job bereits angetreten, darunter etwa 500 Beschäftigte, die neu zur Post hinzugestoßen sind. Insgesamt plant die Post wegen des anhaltenden Booms in der Paketsparte bis zu 10 000 Neueinstellungen bis 2020, fünf Jahre später könnten es sogar 25 000 sein.

Bei einem Umsatzplus von gut 3 Prozent auf 56,6 Milliarden Euro erwirtschaftete der weltweit größte Logistik- und Postkonzern 2014 unter dem Strich 2,1 Milliarden Euro.