Biomethananlage in Staßfurt eingeweiht Der letzte Griff zum Gashahn

Katerstimmung bei den Betreibern von Biogasanlagen: Neubauten lohnen sich durch die gesunkene Grünstrom-Förderung nicht mehr. In Staßfurt ist am Donnerstag eine der letzten neuen Anlagen in Sachsen-Anhalt in Betrieb genommen worden.

26.06.2015, 01:10

Staßfurt l 14 Millionen Euro haben der Mannheimer Energieversorger MVV Energie und das Münchner Energieunternehmen BayWa Renewable Energie in den Bau der Biogasanlage im Staßfurter Gewerbegebiet-Nord investiert. Die Anlage mit einer Leistung von drei Megawatt soll rechnerisch 6000 Familien mit Strom versorgen. Zusätzlich könnten 1200 Haushalte ihren Wärmebedarf decken, teilten die Projektpartner mit. 62000 Tonnen Substrat werden künftig pro Jahr in der Anlage zu Biogas vergären. Neben Energiepflanzen wie Mais und Zuckerrüben werden dabei auch Grünschnitt und Winterfrüchte zum Einsatz kommen. Durch die Verarbeitung dieser Stoffe entsteht Biogas, das vor Ort zu Biomethan in Erdgasqualität aufbereitet werden soll.

"Biomethan kann eine zentrale Rolle im Energiesystem der Zukunft spielen", erklärte Georg Müller, Vorstandsvorsitzender von MVV. Das Gas könne zur Strom- und Wärmeerzeugung ebenso genutzt werden wie als Kraftstoff und zählt zu den erneuerbaren Energiequellen, die unabhängig vom Wetter rund um die Uhr erzeugt werden können, sagte Müller weiter.

Die Biogasanlage in Staßfurt ist eine der letzten ihrer Art, die in Sachsen-Anhalt in Betrieb genommen werden. Denn mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Sommer des vergangenen Jahres hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Rahmenbedingungen für die Branche verschlechtert. Durch die gesunkene Grünstrom-Förderung ist der Neubau von Biogasanlagen nicht mehr attraktiv. Bei fast allen Anlagen ist die Vergütung von bis zu gut 20 Cent pro Kilowattstunde auf maximal 13,66 Cent reduziert worden. Weil das Blockheizkraftwerk der Staßfurter Anlage aber bereits im Juli 2014 in Betrieb genommen worden ist, fällt der Bau noch in die Förderung des alten EEG. "Der Vorteil ist erheblich. Wenn wir nicht in das alte EEG gefallen wären, hätten wir die Anlage nicht gebaut", sagte Philipp Leckebusch, der bei MVV Bereichsleiter für Erzeugung ist.

Nahezu 400 Biogasanlagen sind in den vergangenen Jahren in Sachsen-Anhalt entstanden, so Branchenkenner. Offizielle Zahlen hat das Landwirtschaftsministerium nur bis 2013 vorliegen. Sie zeigen einen starken Zubau von Biogasanlagen (siehe Grafik). Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) sagte bei der Inbetriebnahme, dass vorhandene Anlagen effektiv genutzt werden müssen. Durch die Novellierung des EEG seien auch Fehlanreize ausgemerzt worden. "Die Landwirtschaft profitiert von den Biogasanlagen. Aber der Anbau von Biomasse darf nur eine Ergänzung zur Futter- und Lebensmittelerzeugung sein", sagte Haseloff.

Landwirtschaftliche Betriebe im Umkreis von 20 Kilometern liefern die Energiepflanzen für die Anlage in Staßfurt. Etwa 2,5 Millionen Euro bekommen die Bauern pro Jahr für den Anbau der Substrate, aus denen dann das Biogas entsteht.

In der Salzstadt wurde seit mehreren Jahren um die Errichtung der Biogasanlage gestritten. Eine Bürgerinitiative befürchtete Geruchsbelästigung, zunehmenden Verkehr und eine landwirtschaftliche Monokultur. Nur knapp gab der Stadtrat in Staßfurt grünes Licht zum Bau der Anlage.

Das Mannheimer Unternehmen MVV betreibt neben der Biogasanlage in Staßfurt zwei weitere Anlagen in Sachsen-Anhalt: in Klein Wanzleben und Kroppenstedt (beide Landkreis Börde).