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Internationaler Währungsfonds und Europäische Zentralbank zur wirtschaftlichen Lage Deutschland bleibt das Zugpferd für Europas Wirtschaft

13.05.2011, 04:26

Frankfurt/Main (dpa). Die Preise ziehen an, und die hilfsbedürftigen Schuldenländer stecken weiter in der Rezession. Angeführt von Deutschland bleibt Europas Wirtschaft dennoch robust, der Export ist überraschend stark, urteilt der Internationale Währungsfonds (IWF). Ein entschlossener Schuldenabbau ist dennoch zwingend.

In seiner gestern in Frankfurt veröffentlichten Frühjahrsprognose sagt der IWF für Europa insgesamt ein Wachstum von 2,4 Prozent in diesem und von 2,6 Prozent im kommenden Jahr voraus. Die hoch verschuldeten Krisenländer Griechenland und Portugal stecken vorerst aber weiter in der Rezession - wobei der IWF zumindest Athen zutraut, 2012 wieder zu wachsen.

Die Wirtschaft im Euroraum wird mit 1,6 Prozent in diesem und 1,8 Prozent im kommenden Jahr langsamer zulegen als in Europa insgesamt. Dabei bleibt Deutschland mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,5 Prozent in diesem und 2,1 Prozent im kommenden Jahr die Konjunkturlokomotive.

Als Wachstumsbremse könnten sich die anziehenden Preise entpuppen. "Nach Auffassung des EZB-Rats besteht weiterhin ein Aufwärtsdruck auf die Gesamtinflation, der zum Großteil auf die Preisentwicklung bei Energie und Rohstoffen zurückzuführen ist", schreibt die Europäische Zentralbank (EZB) in ihrem gestern in Frankfurt veröffentlichten Monatsbericht. Die Inflationsrate dürfte demnach auch in den kommenden Monaten deutlich über 2 Prozent liegen.

Die EZB strebt mittelfristig eine Rate von knapp unter zwei Prozent an. Im März war die Jahresteuerung aber auf 2,7 Prozent und im April auf 2,8 Prozent geklettert. Die Notenbanker reagierten. Sie erhöhten den Leitzins leicht auf 1,25 Prozent und deuteten weitere Zinsschritte an.

Kurzfristig sieht die Notenbank weiterhin Aufwärtsrisiken, die sich aus den Auswirkungen der Spannungen in Nordafrika und im Nahen Osten auf die Entwicklung der Ölpreise ergeben. Zudem könne das kräftige Wirtschaftswachstum in Schwellenländern, aber auch in einigen Euroländern wie Deutschland zu einem weiteren Anstieg der Rohstoffpreise führen.

Die IWF-Experten ermahnten die Notenbanken hingegen, die geldpolitischen Zügel nicht zu sehr zu straffen. Das könne die Konjunkturerholung gefährden. Der Währungsfonds hält die aktuellen Inflationsrisiken für überschaubar, der starke Anstieg bei Nahrungsmittel- und Energiepreisen sei nur vorrübergehend.

"Die Hauptbotschaft unseres Ausblicks ist: Wir sind zuversichtlich. Europa geht es insgesamt gut", sagte IWF-Europa-Direktor Antonio Borges. Ob sich die positiven Prognosen realisieren, hänge allerdings entscheidend davon ab, ob die Spannungen in den hoch verschuldeten Euroländern und im Finanzsektor überwunden werden können. Als Gefahr für die Konjunktur wertet der IWF die Verquickung der Finanzsysteme: "In den Büchern der Banken in den Kern-Euroländern schlummern riesige Risiken. Ein Vertrauensschock könnte sich blitzschnell über ganz Europa ausbreiten."

Für die Regierungen blieben starke nationale Haushaltspolitiken "die beste Verteidigungslinie, um Vertrauen zurückzugewinnen", erklärte der Währungsfonds, der mit Hunderten Milliarden am Euro-Rettungsschirm beteiligt ist.