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Bei Puschendorf Textilservice steht Leistungsbereitschaft an erster Stelle Mit 50plus Neustart in der Wäscherei

Von Bettina Koch 11.10.2011, 04:27

An der Generation 50plus geht der Wirtschaftsaufschwung bisher weitgehend vorbei. Jeder dritte Arbeitslose in Sachsen-Anhalt gehört zu dieser Gruppe. Die Älteren sind länger ohne Job als jüngere Bewerber. Ihre Vermittlung wird deshalb in den Fokus gerückt.

Flechtingen l Rund 130 Tonnen Wäsche werden pro Woche in der Flechtinger Niederlassung der Puschendorf Textilservice GmbH gewaschen, getrocknet, gelegt und sortiert, vor allem für die Gesundheitsbranche, aber auch für Hotels. Die Kunden wollen ihre fertige Wäsche pünktlich zurück in den Schränken haben - zum Beispiel zwischen Visite und Mittagessen im Krankenhaus.

Deshalb müssen sich Seniorchef Bernd Puschendorf, Betriebsleiterin Martina Behrend und der Leiter Technik Stefan Harbke auf ihre rund 120 Leute am Standort voll verlassen können. Dabei komme es weniger auf das Alter des einzelnen Mitarbeiters an, sondern darauf, was er zu leisten bereit ist, betont der 67-jährige Puschendorf senior. Das Unternehmen beschäftigt ganz junge Leute, bildet auch Lehrlinge aus, und es hat Mitarbeiter um die 60.

50plus ist für eine Neueinstellung kein Hindernis. Eveline Bläß vom gemeinsamen Arbeitgeberservice von Jobcenter und Arbeitsagentur Haldensleben ist froh, in Kooperation mit Puschendorf endlich einen Arbeitsplatz für Christine Regina Falkenberg gefunden zu haben. Zuvor waren für die 53-jährige, gering qualifizierte Arbeitslose alle Anläufe vergebens gewesen. "Lange Arbeitslosigkeit und die vielen Absagen zerstören das Selbstwertgefühl, die Betroffenen trauen sich nicht mehr viel zu", so Bläß. In einem zweiwöchigen Praktikum hatten Falkenberg und das Unternehmen Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen. Jetzt legt die 53-Jährige Wäsche und ist froh über den unterschriebenen Arbeitsvertrag für zunächst ein Jahr.

Sowohl angelernte Kräfte für einfache Tätigkeiten als auch qualifizierte Mitarbeiter, die die Anlagen bedienen und an verschiedenen Plätzen einsetzbar sind, gehören zur Firma. Gebraucht wird jeder. "Ohne unsere engagierten Mitarbeiter wären wir nicht da, wo wir heute sind", betont Puschendorf. 2008 mit hohen Verlusten gestartet sei der Betrieb 2009 auf Kurs gebracht worden. "Jetzt haben wir langfristige Verträge mit großen Krankenhäusern, die Arbeit ist schon bis 2014 sicher."

Bei Puschendorf die Rente zu erreichen, ist also keine Illusion. Warum solle er auch anderen nicht zutrauen, was er selbst praktiziert - mit Mitte 60 engagiert und erfolgreich zu arbeiten, meint er.

Die Mischung muss stimmen, pflichtet ihm Wolfgang Lenze, Pressesprecher der Magdeburger Agentur für Arbeit, bei: "Junge Leute fahren schneller, aber ältere kennen eine Abkürzung." Die Jungen hätten oft frischere oder mutigere Ideen, die Alten aber Erfahrung, und sie bremsten auch mal ungesunden Übermut. Leider würden manche Arbeitgeber aber die Qualifizierung der älteren Mitarbeiter vernachlässigen. Die entstehenden Defizite seien dann später Gründe für eine Entlassung und dann, um nicht wieder eingestellt zu werden.

Jenen, die sich nicht mit Hartz IV abgefunden hätten und sich zutrauten, wieder ins Arbeitsleben einzusteigen, wollten die Agenturen gezielt helfen. Aber es sei ein mühsames Geschäft, so Lenze. Während die Gesamtarbeitslosigkeit binnen eines Jahres um 6,3 Prozent zurückging, stieg sie bei den über 50-Jährigen um 1,3 Prozent. Seite 5