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Gegen steigende Benzinpreise Koalition droht mit drastischen Maßnahmen

Von Tim Braune 03.04.2010, 05:17

Millionen Autofahrer sind Ostern unterwegs – und ärgern sich, dass immer vor den Feiertagen die Spritpreise explodieren. Die Koalition droht den Öl-Multis jetzt sogar mit Zerschlagung ihres Deutschland-Geschäfts. Kurz vor der NRW-Wahl eine populäre Idee – soweit dürfte es aber nicht kommen.

Berlin (dpa). Die schwarz-gelbe Koalition will als Reaktion auf die hohen Benzinpreise notfalls eine Zerschlagung des deutschen Geschäfts der Mineralölkonzerne prüfen. Dazu soll das schärfere Wettbewerbsrecht eingesetzt werden, das Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vorbereitet.

Große Konzerne, die ihre Marktmacht missbrauchen, sollen als letztes Mittel zerlegt werden können. "Die Festsetzung der Benzinpreise durch nur wenige Unternehmen könnte ein idealer Fall für die geplante Regelung sein", heißt es aus Koalitionskreisen in Berlin.

Es wird von Koalitionsexperten aber offen eingeräumt, dass es bisher keine Beweise gibt, dass die Ölkonzerne die Preise gezielt nach oben treiben.

Auch das zuständige Bundeskartellamt ist skeptisch. Bis zum Herbst wollen die Wettbewerbshüter den deutschen Tankstellenmarkt intensiv untersuchen, der von Shell, Aral, Jet, Esso und Total beherrscht wird.

Das Bundeswirtschaftsministerium betonte, das neue Entflechtungsgesetz werde für alle Branchen gelten. "Über die Anwendung im Einzelfall entscheidet das Kartellamt", sagte eine Sprecherin. Wettbewerbsexperten hatten bislang die Regelung auf die Stromkonzerne bezogen, die ihre Märkte dominieren.

In der Koalition wird argumentiert, dass die Marktlage an den Zapfsäulen mehrere Punkte erfüllt, die im Gesetzentwurf als Bedingung für einen so drastischen Eingriff des Staates aufgezählt werden. Der Markt, der eine gesamtwirtschaftliche Bedeutung habe, werde von nur wenigen Anbietern beherrscht. "Wir haben ein stabiles Oligopol", hieß es. Zudem sei absehbar, dass der Wettbewerb ohne Eingriffe auf absehbare Zeit eingeschränkt bleibe.

Wegen der alle Jahre vor Ostern stark anziehenden Benzinpreise brachte die FDP eine Mehrwertsteuersenkung für Sprit von 19 auf 7 Prozent ins Spiel.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bremste den Regierungspartner sofort aus. "Das geht nicht, wenn wir uns unseren Haushalt anschauen. Wir werden sparen müssen, und deshalb glaube ich, sollte man hier nichts Falsches versprechen." Damit hat auch der ADAC mit seiner Forderung nach Abschaffung der Ökosteuer auf Benzin schlechte Karten. "Die Steuerlast ist eindeutig zu hoch", hatte ADAC-Präsident Peter Meyer im "Tagesspiegel" argumentiert.

Mit Beginn der Oster-Feiertage war der durchschnittliche Preis für einen Liter Benzin nach Angaben von Shell auf 1,45 Euro gestiegen. Das waren 4 Cent mehr als am vergangenen Wochenende. Diesel legte auf 1,23 Euro zu. Im Jahr 2009 kostete der Liter Super im Jahresschnitt rund 1,28 Euro, Diesel 1,08 Euro.

Die Ölkonzerne erklären, sie seien keine Preistreiber und verweisen auf international gestiegene Einkaufspreise und Nachfrage. Der Rohölpreis erreichte am Donnerstag den höchsten Stand seit 18 Monaten.

Der durch die Griechenland-Krise geschwächte Euro sorgt dafür, dass die Konzerne zusätzlich mehr Geld für den Einkauf von Kraftstoffen ausgeben müssen, die in US-Dollar abgerechnet werden. Auch betont die Branche, ohne Steuern koste ein Liter Benzin oder Diesel je nach Sorte nur zwischen 53 und 61 Cent.

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