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Das Magazin Focus vergleicht die Kreise der Bundesrepublik: Der Osten sei günstig, aber trist Das Jerichower Land landet weit hinten

Von Franziska Ellrich 12.04.2014, 03:24

Die Region Elbe-Fläming hat bei einem Vergleich von allen 402 Landkreisen in Deutschland durch das Magazin Focus sehr schlecht abgeschnitten. Das Leben hier sei zwar günstig, aber dafür hässlich und trist. Der Vergleich sorgt für Unmut.

Burg/Zerbst/Staßfurt l 402 Kreise und kreisfreie Städte hat das Magazin Focus verglichen. Es geht um Wohlstand, Wirtschaftlichkeit, Infrastruktur und Kosten. Anhalt-Bitterfeld erreichte Platz 379, der Salzlandkreis Platz 365 und das Jerichower Land Platz 322. "Der Landkreis mit dem geringsten Wohlstand ist Anhalt-Bitterfeld." Das schreiben die Autoren des Magazins. 33 Indikatoren, von Beschäftigung über Altersstruktur bis hin zu Sicherheit und Kriminalität, flossen in die Analyse ein.

Beim Thema Wohlstand liegt Anhalt-Bitterfeld auf Platz 402. Geht es um Demografie und Gesundheit schafft es der benachbarte Kreis nur auf Platz 394. In puncto Wohnen auf Platz 401. Schlusslicht ist hier der Salzlandkreis.

"Nirgends lebt man in Deutschland so günstig wie im Salzlandkreis. Leider heißt das auch: geringe Jobchancen und wenig Wohlstand." Zitat aus dem Magazin. Von der Stadt Staßfurt im Salzlandkreis schildern die Autoren ihren Eindruck im Artikel: "Staßfurt, Zentrum des Kostensiegers Salzlandkreis, bietet mit seinen vielen leerstehenden Häusern und bröckelnden Fassaden ein eher tristes Bild. Dafür ist es wirklich günstig: Ein Zimmer mit Internet kostet 18 Euro die Nacht. In der Innenstadt parkt man kostenlos neben dem Geschäft `Preisbombe` und erhält eine Bratwurst am Stand für 1,30 Euro..."

Diese Zeilen kann nun jeder auf der Homepage des Magazins lesen. Oberbürgermeister der Stadt, René Zok, will dieses Negativ-Image nicht hinnehmen. "Die Darstellung unserer Stadt ist oberflächlich." Viele Bürger würden sich hier wohl fühlen und empfinden die Stadt als lebenswert. Laut Focus sprechen Mieten, Baulandpreise und Grundsteuer für die Region Elbe-Fläming - die Finanzsituation dagegen. Zu viele Schulden und zu wenig Einnahmen lassen keine Investitionen der Kreise zu. Für die Bewertung noch ausschlaggebend: Die Übernachtungszahlen. Geht es nach dem Magazin, muss eine Region, die viele Gäste anzieht, auch Lebensqualität bieten.

Diese Rechengrundlagen sorgen für Unmut. Der Landtagsabgeordnete Peter Rotter (CDU) sagt: "Ich finde eine solche Berichterstattung ganz furchtbar und an den Haaren herbeigezogen. Da werden Äpfel mit Birnen verglichen." Auch der Umbau der Wirtschaft nach der Wende habe zur hohen Arbeitslosigkeit geführt.

Eine Frage der Vergleichbarkeit

Um die deutschen Landkreise im Thema Wirtschaftlichkeit zu vergleichen, spielte die Arbeitslosenquote eine Rolle - die Gründe dafür aber nicht. Die Region Elbe-Fläming landete am unteren Ende des Rankings, weil die Bevölkerungszahl um rund einen Prozent im Jahr sank und es weniger Erwerbstätige gibt. Zur Vergleichbarkeit: Das verfügbare Einkommen privater Haushalte liegt laut Focus bei 17 945 Euro je Einwohner im Jerichower Land und bei 25 585 Euro je Münchner - genau das könnte im Zusammenhang mit unterschiedlichen Ausgaben für Wohnen und Leben stehen.

Doch für den Focus spiegeln "die niedrigen Kosten auch unattraktive Lebensbedingungen wider". Das sieht Ex-Innenminister Manfred Püchel (SPD) anders: "Ich lebe gern in der Region Staßfurt." Der Etgerslebener warnt vor derartigen Vergleichen. "Nackte Zahlen sagen gar nichts aus." Auch Püchel erinnert an die schwierige Ausgangslage. "Wenn man sieht, was in den letzten 25 Jahren geschaffen wurde, kann man stolz sein, auf das, was wir erreicht haben. Wer vor 25 Jahren das letzte Mal hier war, erkennt die Städte und Dörfer nicht mehr wieder".

Staßfurts Oberbürgermeister Zok verweist in diesem Zusammenhang auf den Umbruch nach der Wende, die hohe Arbeitslosigkeit und den Verlust von mehr als 10 000 Einwohnern. Andererseits habe es enorme Anstrengungen von der Kommune, der Wohnungs- und Baugesellschaft sowie von anderen Wohnungsbesitzern gegeben, um die Gebäude auf Vordermann zu bringen und mit einem Farbanstrich zu versehen. Und dort, wo die Fassaden bröckeln, kämen nicht selten westdeutsche Grundstückeigentümer ihrer Verantwortung nicht nach.

So ein Bild von frisch sanierten, Seite an Seite mit baufälligen, Gebäuden eröffnet sich in der gesamten Region. Und wenn die Focus-Autoren zynisch vom kostenlosen Parken in Staßfurt schreiben. Dann ist genau das für Zok "ein Standortvorteil, den man zur Verbesserung des Innenstadthandels beibehalten will."