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Gefechtsdarstellung erinnert an das Kriegsgeschehen von vor 201 Jahren / Hunderte Zuschauer am Feldrand Vehlitz: Real nachgestellte Geschichte

Von Sebastian Siebert 14.04.2014, 03:29

Rund 150 Darsteller der historischen Truppen bezogen am Wochenende ein Lager in Vehlitz. Neben dem Biwak legten sie Kränze an den Denkmälern nieder und stellten vor hunderten von Zuschauern ein Gefecht nach.

Vehlitz l "Ist es nicht ein schönes Gefecht, zu dem ich Euch eingeladen habe", sagte unbemerkt von den Zuschauern einer der Darsteller zu den Mitgliedern seiner Einheit. "Ja", raunten diese zurück und blinzelten unter den Schirmen ihrer Hüte in die Sonne. Gerade war diese durch die Wolkendecke gebrochen, am Rande des Gefechtsfeldes am Vehlitzer Denkmal hatten sich mehr als 300 Zuschauer eingefunden, die nun ihre Ärmel hochkrempelten und Sonnenbrillen aufsetzten. Rund 120 Darsteller der historischen Truppen standen sich am Sonnabendnachmittag gegenüber und stellten realitätsnah ein Gefecht nach, wie es sich vor 201 Jahren an ungefähr der gleichen Stelle zugetragen haben könnte. Als erste siegreichen Gefechte der russisch-preußisch Alliierten gegen die napoleonische Armee ging das Aufeinandertreffen in die Geschichte ein.

Rund einhundert Jahre später entstanden in den Dörfern Ladeburg, Vehlitz, Dannigkow, Nedlitz und Möckern die Denkmäler, an denen die Darsteller auch am Sonnabend zum Gedenken an die Opfer der Befreiungs-, aber auch aller folgenden Kriege, Kränze niederlegten.

Am Freitagabend hatten die Truppen ihre Zelte am Ortsrand von Vehlitz aufgeschlagen. Sie folgten damit der Einladung von Ortsbürgermeisterin Brunhilde Kölbel. Diese wird nach 40 Jahren das Amt im Mai abgeben. "Ich wollte mich von den Truppen noch verabschieden", sagte sie. Eigentlich wäre Ladeburg als Austragungsort an der Reihe gewesen. Vehlitz hatte bereits im vergangenen Jahr das Biwak beherbergt. Mit 300 Darstellern war zum 200. Jahrestag das Gefecht nachempfunden worden.

Während der vergangenen Jahre, in denen die Darsteller immer um den Jahrestag, 5. April, herum, die Orte besuchen und an die Ereignisse erinnern, sind zahlreiche Freundschafte entstanden. Die Darsteller kommen aus dem gesamten Bundesgebiet in die kleinen Orte, in denen sich Weltgeschichte ereignete. Wie damals sammelten die Soldaten Verpflegung von den Einwohnern ein. Das habe sehr gut geklappt, die Vehlitzer haben den Darstellern eine Menge Nahrungsmittel gespendet, war zu erfahren.

Organisiert werden die Treffen von den Mitgliedern des Vereins "6-pfündige Fußbatterie Nr. 16 der brandenburgschen Artilleriebrigade `1813` (von Spreuth). "Captain" Marko Thiele war mit dem Biwak sehr zufrieden. "Wir sind 120 Darsteller, hinzu kommen Fuhrknechte. Insgesamt sind es rund 150 Personen auf dem Feld."

Mit dem Verlauf des streng choreografierten Gefechts war er auch zufrieden. "Es hat bis auf wenige Ausnahmen sehr gut geklappt. Eine der Sprengladungen war etwas groß", sagte er. Diese wurden von einem Pyrotechniker installiert und auf Kommando ausgelöst. So stellten die Geschichtsfreunde die Einschläge der tonnenschweren Kanonen nach, welche sie in Handarbeit nachgebaut haben. So explodierten Handwagen, Deckungen und einige der Häuser spektakulär in den Wirren des Gefechts. Als eines der Häuser explodierte, hob es das Dache wohl für den Geschmack des "Captains" zu weit an.

Die Vehlitzer Kameraden der Feuerwehr standen bereit, falls eine der abbrennenden Häuserkulissen zur Gefahr werden sollte, was aber nicht geschah.

Rund zehn Stunden benötige er, um eine Choreografie des Gefechts, zu schreiben, erklärte Thiele. Verständigt werde sich per Sprechfunk. "Das ist natürlich nicht originalgetreu, aber die Sicherheit geht nun einmal vor", betonte er.

Die Darsteller sind sonst sehr auf Detailtreue bedacht und freuten sich deshalb umso mehr, dass sie zum ersten Mal überhaupt eine sechspfündige Kanone mit einem Sechsspänner auf das Schlachtfeld ziehen konnten. "Damals war das so üblich, ich bin mir sicher, dass wir das heute zum ersten Mal in Deutschland so nachgestellt haben." Er dankte den Sponsoren, welche ihre Pferde dafür zur Verfügung gestellt haben. "Auch Danke an die Stadt Gommern, welche die Kosten für das Pulver übernommen hat", sagte er. Rund 800 Euro haben die Soldaten in einer Stunde verschossen.

Abends versammelten sich die Darsteller im Biwak und beantworteten Fragen der vielen Besucher.