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Beeindruckende Premiere mit Ludwig Schumann und Uwe Kropinski in der Zeppernicker Sommerkirche Wo Gärtner und Stiftsfrau den Blues haben

24.07.2014, 01:19

Kultur der Extraklasse wurde am vergangenen Sonntag wieder den Besuchern der "Zeppernicker Sommerkirche" geboten. Der Berliner Gitarrist Uwe Kropinski und der Autor Ludwig Schumann präsentierten die Premiere von "Blätter aus dem Garten der Schubartin".

Von Stephen Zechendorf

Zeppernick l Die Idee mit einer gemeinsamen Lesung mit Gitarre hatten Schumann und Kropinski schon länger. Doch es sollten Jahre vergehen, bis am Sonntag zwei Meister ihrer Künste gemeinsam die Geister zweier Gestalten aufleben ließen: den der "Schubartin", einer Stiftsdame aus der Barockzeit im Kloster Drübeck, und jenen des fiktiven alten Gärtners Jacob, der in der Jetztzeit durch ebendiesen Garten schlurft und in den Hinterlassenschaften der Touristen des Klosters nach Brauchbarem sucht.

Der Zeppernicker Autor Schumann versteht es, wie schon in seinem Buch "Starke Zeit starker Frauen", mit einer Portion Witz und reichlich Wissenswertem, seine Zuhörer mitzunehmen - diesmal in den Garten der "Schubartin", in dem die "Blätter", also die vorgetragenen Texte entstanden sind. Schumann nennt es eine "Begegnung" mit der Schubartin, wenngleich ihm im Gartenhaus - wie er schreibt - manchmal nur ein Windhauch die Anwesenheit der Stiftsdame verraten habe.

Der Autor tritt in einen Dialog mit der Dame aus der Vergangenheit, versucht zunächst, ihr Leben damals zu beschreiben und zu verstehen. Doch mit jedem weiteren Text treten die Probleme und der Wahnwitz unserer modernen Zeiten zutage: "Schubartin, das kennst du nicht, das kannst du dir wohl alles gar nicht vorstellen", muss Schumann resigniert feststellen.

Und nach solchen schwerwiegenden Gedanken kommt Uwe Kropinski ins Spiel. Feuert kleine, musikalische Feuerwerke ab. Es sind Improvisationen, die der Gitarrist zwischen die Worte Schumanns setzt. "Ich habe mir das vorher durchgelesen und wusste, was ich dazu spielen möchte", sagt Kropinski. Herausgekommen ist ein Wechsel- und Zusammenspiel von Modern Jazz, Flamenco, Blues und mehr. Dazu setzt Kropinski seine Stimme für einen abstrakten Gesang ohne echte Worte ein.

Mehr als einmal lässt er den Gärtner Jacob durchs Bild schlurfen mit Texten, die Schumann für den Gitarristen verfasst hat. Oder mit einem fantastisch inszenierten Plastiktütenblues, bei dem neben der Gitarre tatsächlich mehrere solcher Wegwerfbeutel eine taktgebende Rolle übernehmen.

Überhaupt: Uwe Kropinskis Instrument ist mehr als nur ein Sechssaiter. Der als einer der weltbesten Gitarristen gehandelte Berliner hat es zum Vielsaiter verwandelt. Die Sonderanfertigung mit etlichen Extrabünden - Kropinskis Finger rasen immer wieder über jeden einzelnen davon - wird zum Perkussionsinstrument.

Nach über einer Stunde ist den Besuchern in der vollbesetzten Kirche von Zeppernick klar, dass sie Zeuge hoher Kunst geworden sind.

Und noch beim Sektempfang gleich nebenan - im Garten des Schumanns - sinnieren die beiden über eine Fortsetzung des Projektes. Zum Glück.