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Schartauer Fleischermeister Günter Specht freut sich über Diamantenen Meisterbrief und ist stolz auf die Tradition Familienbetrieb heute in vierter Generation

Von Bernd Körner 25.07.2014, 01:16

Ein Diamantenes Jubiläum hatte jetzt Günter Specht aus Schartau. Vor 60 Jahren wurde er Meister im Fleischerhandwerk. Sein Handwerksbetrieb wird in vierter Generation in der Familie geführt.

Schartau l Wer die Chance hat, mit Fleischermeister Günter Specht durch seinen Betrieb in Schartau zu gehen, dem wird der Stolz auf die Jahrzehnte lange Entwicklung seiner Fleischerei nicht entgehen. 1892 gründeten die Großeltern Friedrich und Charlotte die Fleischerei. Vater Otto Specht folgte und baute ihn bis 1925 aus. Sohn Günter erweiterte im Verlaufe vieler Jahre Stück für Stück. Und das bis zum 15. Juli 1995, als sein Sohn Frank Chef der hundertjährige Fleischerei wurde. Auch er hielt sich bei der Modernisierung nicht zurück, die Firma dem aktuell erforderlichen Standard der Fleisch- und Wurstproduktion anzupassen.

Vor wenigen Tagen wurde Altmeister Günter Specht die Urkunde eines Diamantenen Handwerksmeister übergeben. Das bedeutet, dass er vor sechzig Jahren seinen Meistertitel abgelegt hatte.

"Tja, das sind nun schon sechs Jahrzehnte her. Rechne ich meine Jahre als Lehrling und Geselle hinzu, bin ich schon seit den vierziger Jahren in dem Beruf", blickt er erstaunt zurück. Sein Vater, so versichert er, musste ihn nicht überzeugen, Fleischer zu lernen. "Ich wollte unbedingt die Familientradition fortsetzen, auch wenn es damals nicht leicht war, eine Fleischerei am Laufen zu halten. Schlecht für meinen Vater wurde es im Jahr 1938, als die Nazis in Vorbereitung des Krieges das Markensystem einführte und er nur noch Kontingente an Fleisch zugeteilt bekam", erzählt Günter Specht.

Nicht besser wurde es nach dem Krieg. Mit Hausschlachtungen hielten sich die Spechts über Wasser. "Nicht ungefährlich, da strengstens von der Besatzungsmacht verboten", fügt er an. Es half ein zweites Standbein, um trotz schlimmer Kriegsfolgen zurecht zu kommen, nämlich mit einer Landwirtschaft, bestehend aus Pferden, Kühen, Acker und Wiese.

Kompliziert wurde es nach dem Tod des Vaters. Die Mutter hatte keinen Meisterbrief, wollte aber den Betrieb behalten. "Uns half in der Zeit ein Bekannter aus Niegripp, der den Meistertitel hatte und meine Mutter unsere Fleischerei mit ihm im Hintergrund weiter betreiben konnte. Bis mich als Geselle schließlich der damalige Obermeister Heinze aufforderte: Mach doch deinen Meister! Das war 1953. Ein Jahr später hatte ich den Abschlussbrief in der Hand", schildert der Schartauer Meister.

"Rechne ich meine Jahre als Lehrling und Geselle hinzu, bin ich schon seit den vierziger Jahren in dem Beruf."

Fünf Beschäftigte hatte er auf der Lohnliste. "Der Laden lief gut, bis in den fünfziger Jahre die staatliche Direktive zuschlug, Privatbetriebe aufzulösen. Alles sollte nach Möglichkeit volkseigen oder genossenschaftlich werden. "Aus unserem Geschäft wurde eine Konsumfiliale, in der meine Mutter als Mitarbeiterin in Lohn und Brot stand. Ich wollte den Konsumableger nicht übernehmen, verdiente mein Geld lieber mit Hausschlachtungen und Vieh fahren", erzählt Günter Specht weiter. Später muss es wohl bei "Regierung und Partei gedämmert haben, dass die kleine Privatwirtschaft ihren Wert hat".

Mit dem 1.September 1961 hatte Fleischermeister Specht seinen Betrieb zurück. "Eines möchte ich nicht vergessen zu sagen, der Rat der Gemeinde Schartau hatte mich damals sehr unterstützt, dass ich das Geschäft wieder zurück bekam", betont er. Ehefrau Anni übernahm den Posten der Verkäuferin.

Tiere selbst zu schlachten war schon zu dem Zeitpunkt seit langem Geschichte. Über den Schlachthof Burg und die Einkaufs- und Liefergenossenschaft des Fleischerhandwerkes wurden Schweine- und Rinderhälften zugeteilt. "Anfangs verarbeiteten wir pro Woche zwei Schweine und höchstens ein halbes Rind. Heute sind es rund 50 Schweinehälften und zwei bis drei Rinder", zieht er den Vergleich zur Produktionsentwicklung. Der Mitarbeiterstamm wuchs auf bis zu 18 Personen.

Zu DDR-Zeiten kam es vor, dass bis zu 60 Kunden vor der Ladentür ausharrten und am Freitag zum Ladenschluss oft alles Fleisch und alle Wurst ausverkauft war. "Dann hieß es für meine Leute und mich, den Montag, der kein Öffnungstag war, für die nächste Woche das komplette Sortiment herzustellen", erinnert sich Günter Specht.

Jetzt hält Sohn Frank das Heft in der Hand. "Auch ich musste von meinem Vater nicht überredet werden, Fleischer zu werden und den Meisterbrief zu machen. Ich führe in vierter Generation den Betrieb weiter. Darauf bin ich stolz", meint er, weiß aber, dass es keine fünfte Fleischer-Specht-Generation geben wird. Die Tochter hat Tourismusmanagement studiert und abgeschlossen, reist um die Welt und ist damit fern vom väter-lichen Betrieb. "Ich will aber dafür sorgen, dass er Bestand hat und werde mir rechtzeitig einen guten Nachfolger suchen," versichert Frank Specht. Dazu hat er ausreichend Zeit bei seinem "fast jugendlichen Alter".

Vater Günter Specht fühlt sich im Übrigen nicht auf das Altenteil geschoben. "Ich kann vom Beruf und Geschäft loslassen. Habe als Ersatz mein Steckenpferd, das mich ausfüllt", gesteht er. Die Bezeichnung ist wörtlich zu nehmen. Mitte der vierziger Jahre war er als Pferdebesitzer, -züchter und -liebhaber dem Reit- und Fahrverein von Bredow beigetreten. Der hatte seinen Sitz in Lostau. So heißt er längst nicht mehr, besteht aber als Verein trotzdem und hat den diamantenen Fleischermeister Günter Specht aus Schartau in seinen Reihen, der auch heute noch dort zu Veranstaltungen und Zusammenkünften regelmäßig anzutreffen ist ...